Augenzeugen in Bondo: «Bis am Nachmittag sah man nicht ins Tal hinein»

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Augenzeugen in Bondo«Bis am Nachmittag sah man nicht ins Tal hinein»

Bei den im Raum Bondo vermissten Personen handelt es sich um Berggänger.

von
tam

Raffaele Merlo arbeitete in Bondo, als der Felssturz niederging. «Bis am Nachmittag sah man das Ende des Tals nicht, weil sich so viel Steinpulver in der Luft befand», sagt er. Eine halbe Stunde nach dem Felssturz sei das Material im Dorf angekommen. «Das riesige Auffangbecken war schnell voll», so Merlo. Ebenso rasch sei die Bevölkerung evakuiert worden.

Am Mittwochabend sei dann ein Gewitter gekommen, das die Hauptstrasse mit Material zuschüttete. «Hoffentlich gibt es nicht ein weiteres Gewitter, das noch mehr Material ins Dorf schiebt», so Merlo.

Acht Personen werden vermisst

Bereits seit einiger Zeit erwarte man in Bondo einen grösseren Felssturz. «Es ist täglich Material gekommen. Es war eine Frage der Zeit», sagt Merlo.

Derzeit werden im Gebiet oberhalb des Dorfs Bondo sechs Personen vermisst. Darunter sind Staatsangehörige von Deutschland, Österreich und der Schweiz. Es handle sich vermutlich um Berggänger, die in der Region unterwegs waren, sagt die Polizei.

«Zwei Personen, die sich möglicherweise auch in diesem Gebiet aufgehalten haben, konnten noch nicht erreicht werden», sagt Roman Rüegg von der Kantonspolizei Graubünden. Es sei aber noch keine Vermisstenanzeige eingegangen. Dass sich noch mehr Leute im Gebiet unterwegs waren, sei nicht wahrscheinlich. Ausschliessen lasse es sich derzeit aber nicht.

Situation ist relativ ruhig

Der Fussweg von der SAC-Hütte Sasc Furä nach Bondo ist unterbrochen. Deshalb wurden die Gäste gestern per Helikopter ausgeflogen. «Nachts wurde mit Helikoptern und Wärmebildkameras nach den vermissten Personen gesucht», erzählt Barbara Salis, Wartin der SAC-Hütte Sciora. Sie wird heute Abend ausgeflogen. Die Hütte bleibt vorübergehend geschlossen. «Das Tal ist nicht mehr begehbar», sagt Salis.

«Derzeit sei die Situation relativ ruhig», sagt Rüegg. Der Bach bringe kein Geschiebe mit. Die Sicherheit werde laufend überwacht. Wann die Bevölkerung oder ein Teil der Bevölkerung wieder in ihre Häuser in Bondo zurückkehren kann, sei noch nicht klar.

Gebiet war bereits seit Tagen unruhig

Heute Nachmittag um 15 Uhr findet eine Neubeurteilung der Lage statt. «Die Einwohner sind derzeit bei Verwandten und Bekannten sowie im Spital im benachbarten Bregaglia untergebracht», sagt Rüegg weiter. Etwa 400 Personen wurden evakuiert. Im 200-Seelen-Dorf hat es keine Verletzte gegeben.

Bergführer Ervin Jacomet war am Montag mit einer Gruppe Gäste auf der SAC-Hütte Sciora und hat einen ersten Felssturz gefilmt. «Auch meine Bergführer-Kollegen haben noch nie so einen grossen Sturz gesehen», sagt Jacomet. Es sei massiv, wie viel Material heruntergekommen sei.

Felssturz am Piz Cengalo (Sicht von Badile)

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