Frauen im E-SportBis hin zur Morddrohung
Anmache, Beleidigungen und Drohungen: Der E-Sport hat nicht nur ein Doping-Problem, sondern auch eins mit Sexismus und Frauenhassern.
- von
- Jan Graber
Normalerweise schaue sie gar nicht mehr hin. Wenn wieder einmal fünfzig bis sechzig E-Mails mit Beleidigungen, Vergewaltigungs- und Morddrohungen, sexuellen Anspielungen und perversen Bildern im Postfach liegen, löscht Soe Gschwind-Penski sie einfach weg. Sie liest sie nicht mehr. Geschweige denn, dass sie darauf reagieren würde.
Soe Gschwind-Penski alias «Soembie» ist professionelle Moderatorin von E-Sport-Events. Die gebürtige Baslerin, die seit sieben Jahren in Berlin lebt, begleitet seit 2007 medial Profigamer-Wettbewerbe. Sie führt auf bekannten Streaming-Plattformen wie Twitch oder Youtube Interviews mit den E-Sport-Stars und berichtet über News aus der Pro-Gamer-Szene. Vor ihrem Moderatorenjob war die 27-Jährige selbst Spielerin. Sie kennt die Szene in- und auswendig. Und sie weiss um den dort herrschenden Sexismus und Frauenhass.
Wenige Frauen im Spiel
Im E-Sport tummeln sich nur sehr wenige Frauen. Während der weibliche Zuschaueranteil an E-Sport-Events laut einer Untersuchung von SuperData bereits bei etwa einem Drittel liegt, sind offizielle Zahlen zu den professionellen Sportlerinnen nicht bekannt. Esportsearnings.com listet zwar die Top-100-E-Sportlerinnen. In der Masse der männlichen Spieler ist ihr Anteil jedoch verschwindend klein. Soe Gschwind-Penski sieht die Gründe dafür einerseits im grundsätzlichen Bild der Gamer: Schon in der Schule sei sie schräg angeschaut worden, wenn sie sich als Gamerin zu erkennen gegeben habe. Gamen war Männersache.
Ein zweiter Grund für den tiefen Frauenanteil liege aber im Sexismus, dem sich Profi-Spielerinnen ausgesetzt sehen – ein Problem, das ihrer Meinung nach heruntergespielt werde und dringend angegangen werden müsste. «Viele Spielerinnen leiden unter den Angriffen», weiss sie. Sich zu beschweren macht die Sache aber nur noch schlimmer, wie letztes Jahr auch die Gamergate-Affäre gezeigt hat. «Dann fallen sofort Begriffe wie Dramaqueen oder Feministin», sagt sie. Abhilfe könnte hingegen von den männlichen Profispielern kommen. «Die Spitzenspieler sind Rollenmodelle, sie müssten den anderen eigentlich als Vorbilder dienen», sagt die Szene-Kennerin. Nur sind die Profispieler oft sehr jung und machen die weiblichen Kolleginnen stattdessen selbst blöd an.
Frauen-Ligen keine Lösung
Aber auch das eigene Geschlecht könnte etwas gegen den grassierenden Sexismus im E-Sport tun, räumt Soe Gschwind-Penski ein. Noch gebe es zu viele Spielerinnen, die ihre sexuellen Reize bewusst nutzten und, statt Skills auf dem Schlachtfeld zu zeigen, mit Bikinis und Brüsten Marketing in eigener Sache machten. Diese schadeten dem Image und verdürben der Mehrzahl der seriösen Profigamerinnen den Spielspass.
Um diesen nicht ganz zu verlieren, nehmen ältere Spielerinnen die jüngeren unter ihre Fittiche und helfen. Einen Zusammenschluss von Frauen gegen den Sexismus gibt es hingegen nicht. Auch hält Gschwind-Penski wenig von sogenannten Female-only-Ligen, in denen sich nur Frauen messen. «Da ist der Skill-Level tiefer», sagt sie. Zudem kenne sie keine Männerteams, die gute Spielerinnen kategorisch ausschlössen.
Trotz allem liebt Soe Gschwind-Penski ihren Job und sie will nicht nur schwarzmalen. «E-Sportler bilden eine tolle Gemeinschaft», sagt sie. Deshalb klickt sie die Beleidigungen einfach weg und hofft, dass die Szene erwachsener wird. Sie weiss, dass sich das Problem wohl nie restlos lösen wird. Gschwind-Penski lakonisch: «Trolle wird es immer geben.»