Zuwanderung: Blochers Holzfäller soll SVP-Initiative bodigen

Aktualisiert

ZuwanderungBlochers Holzfäller soll SVP-Initiative bodigen

Nur 36 Prozent der Stimmbürger wollen die Zuwanderungsinitiative gemäss einer Umfrage annehmen. Doch sowohl die SVP als auch ihre Gegner haben noch Asse im Ärmel.

J. Büchi
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J. Büchi

Die Masseneinwanderungsinitiative der SVP hat bei der Bevölkerung einen schweren Stand. Gemäss einer Umfrage der «SonntagsZeitung» und von «Le Matin Dimanche» wollen derzeit 54 Prozent der Stimmbürger die Initiative ablehnen, nur 36 Prozent würden ein Ja in die Urne legen. Entschieden ist laut Politologen jedoch noch nichts – für die Zeit bis zum Urnengang am 9. Februar wird ein hitziger Abstimmungskampf erwartet. Folgende Faktoren könnten über Annahme oder Ablehnung entscheiden:

Trümpfe der Initianten

• Extrablatt: Am Montag verschickt die SVP ein neues «Extrablatt» zur Masseneinwanderungsinitiative an die Schweizer Haushalte. Darin setzt die Partei für einmal nicht auf Hardliner wie Christoph Blocher oder Hans Fehr, sondern lässt gemässigte Exponenten wie Ständerat Hannes Germann zu Wort kommen. Dies sei ein geschickter Schachzug, sagt Politologe Georg Lutz. «Statt der eigenen Aushängeschilder lässt man mehrheitsfähige Politiker auftreten.» Ob dies reiche, um das Abstimmungsergebnis zu beeinflussen, sei aber fraglich.

• Neue Migrationszahlen: Zahlen, die das Bundesamt für Migration am Freitag veröffentlicht hat, zeigen, dass im Jahr 2013 rund 80'000 Personen mehr in die Schweiz ein- als ausgewandert sein dürften – nur 2008 war diese Differenz noch grösser. «Diese Nachricht kommt den Initianten sicher zugute», so Politologe Lutz. Die Thematik sei aber nicht neu – wer ein Problem mit hohen Zuwanderungszahlen habe, habe diese Meinung schon vorher vertreten.

• Emotionen: «Die SVP wird in den nächsten Wochen versuchen, die negativen Auswirkungen der Zuwanderung in den Fokus zu rücken – und die wirtschaftlichen Fragen in den Hintergrund zu drängen», so Lutz. Falls es gelinge, an die entsprechende Stimmung in der Bevölkerung zu appellieren, könnte die SVP ihm zufolge noch Boden gutmachen.

Trümpfe der Gegner

• Gegenkampagne: Auch die Gegner des Volksbegehrens legen am Montag nochmals nach. Auf die als zu zahm kritisierte Bäumchen-Kampagne folgt ein zweites Sujet, auf dem ein Holzfäller ebendiesen Apfelbaum fällt. Der Holzfäller ist dabei der Figur im Ferdinand-Hodler-Gemälde nachempfunden, das im Büro von alt Bundesrat Christoph Blocher hing. Der Baum symbolisiert die Bilaterale. «Dass jemand mutwillig einen gesunden Baum abhackt, ist ein starkes Bild», ist Béatrice Wertli vom Nein-Komitee überzeugt. Der Zusatzeffort der Gegner ist laut Politologe Lutz nötig – denn: «Auf sicher haben sie den Sieg noch nicht – die Gegner können die Abstimmung keinesfalls auf die leichte Schulter nehmen.»

• Wirtschaftsfreundliche Schweizer: 84,5 Prozent der Befragten brachten die Überzeugung zum Ausdruck, dass die Personenfreizügigkeit der Schweiz wirtschaftliche Vorteile bringe. Experte Lutz bestätigt, dass das Argument der Wirtschaft für viele Stimmbürger einen hohen Stellenwert hat. «Wenn die Gegner glaubhaft darlegen können, dass die bilateralen Abkommen durch die Initiative gefährdet sind, haben sie wohl eine Mehrheit der Bürger hinter sich.» Denn: «Das Stimmvolk würde ein solches Risiko kaum eingehen.»

• Dynamik von Initiativen: Bei Volksinitiativen nimmt die Zustimmung im Laufe des Abstimmungskampfs tendenziell ab. «Es gibt natürlich Ausnahmen», kommentiert Lutz. «Wenn aber schon jetzt nur 36 Prozent der Befragten der Initiative zustimmen wollen, dürfte es für die SVP schwierig werden.»

Fazit: Die Initiativgegner haben auf jeden Fall einen Vorsprung – insbesondere, wenn es ihnen gelingt, mit den wirtschaftlichen Konsequenzen der Vorlage zu argumentieren. Schafft es die SVP jedoch, die negativen Konsequenzen der Zuwanderung wie verstopfte Züge oder steigende Mieten in den Vordergrund zu rücken – und gleichzeitig glaubhaft zu machen, dass die Bilateralen durch die Initiative nicht gefährdet sind –, ist eine Überraschung an der Urne nicht ausgeschlossen.

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