Wegen SyrienBöses Blut im UNO-Sicherheitsrat
Die blutige Gewalt in Syrien kann einfach nicht gestoppt werden. Der unerwartete Abgang des Syrien-Sondergesandten Kofi Annan führt im UNO-Sicherheitsrat zu bitteren Vorwürfen.

Kofi Annans Abgang als Syrien-Sondergesandter führt in der internationalen Gemeinschaft zu erheblichen Differenzen.
Die Vollversammlung der Vereinten Nationen hat dem UNO-Sicherheitsrat Versagen im Syrien-Konflikt vorgeworfen und den Rückzug der syrischen Regierungstruppen in ihre Kasernen gefordert. Mit grosser Mehrheit verabschiedete das Gremium in New York am Freitag eine entsprechende Resolution.
Die Erklärung war von einer Gruppe arabischer Staaten eingebracht worden. Darin werden der Einsatz von Panzern und Helikoptern verurteilt und die syrische Führung aufgefordert, keine Chemiewaffen einzusetzen.
Bei der Vorlage handelte es sich um eine abgeschwächte Version des Ursprungstextes: Der Aufruf nach einem Rücktritt von Syriens Präsident Baschar al-Assad und schärferen Sanktionen sowie eine Verurteilung der Veto-Politik des Sicherheitsrates waren wegen Bedenken Moskaus und Pekings vor der Abstimmung gestrichen worden.
Für die Resolution stimmten schliesslich 133 der 193 UNO- Mitgliedsländer. 12 Staaten - darunter Russland, China und mehrere lateinamerikanische Länder - stimmten dagegen, 31 enthielten sich. Es war das zweite Syrien-Votum der Vollversammlung seit Ausbruch des Konflikts.
Die Resolution hat aber nur symbolischen Wert: Vorstösse der UNO- Vollversammlung sind völkerrechtlich nicht bindend - im Gegensatz zu denen des Sicherheitsrates.
Ban warnt vor Kriegsverbrechen
Klare Worte fand UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon während der Debatte vor der Abstimmung. Er warnte die UNO-Botschafter davor, dass die Kampfhandlungen in der syrischen Stadt Aleppo zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit auswachsen könnten.
«Während wir uns hier treffen, ist Aleppo das Epizentrum einer schlimmen Schlacht zwischen der syrischen Regierung und denen, die sie absetzen möchten», sagte Ban. Die Gewalttaten könnten Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen sein. Solche Taten müssten untersucht und die Täter zur Rechenschaft gezogen werden, so Ban weiter.
Ban bekräftigte, dass er den zurückgetretenen Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga für Syrien, Kofi Annan, ersetzen wolle. Annan hatte am Donnerstag erklärt, er werde sein Amt Ende August niederlegen.
Gegenseitige Vorwürfe
Der Abgang Annans sorgte auch ausserhalb der Vollversammlung für rote Köpfe. Für dessen Scheitern machten sich die Mitglieder des Sicherheitsrates gegenseitig verantwortlich.
Die UNO-Botschafterin der USA, Susan Rice, kritisierte die diplomatische Blockade Russlands und Chinas scharf. Russland dagegen warf dem Westen indirekt vor, Annan aus dem Spiel genommen zu haben, um freie Hand für den Einsatz von Gewalt zu haben.
Als möglicher Nachfolger für Annan wurde immer wieder der ehemalige finnische Präsident Mahti Ahtisaari genannt. Ahtisaari war für seine Bemühungen um die Lösung mehrerer internationaler Konflikte mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden.
Aktivisten: Massaker in Hama
Während die diplomatischen Bemühungen um eine Lösung des Konflikts weitergehen, nimmt das Blutvergiessen in Syrien kein Ende. Bei einem Massaker in der zentralsyrischen Stadt Hama wurden laut Aktivisten mehr als 60 Menschen getötet.
In Damaskus drangen Tausende Soldaten mit Panzern und gepanzerten Fahrzeugen in den Stadtteil Tadamon ein. Bei Hausdurchsuchungen hätten sie mehrere Menschen hingerichtet. Die Angaben liessen sich von unabhängiger Seite nicht überprüfen.
In der umkämpften Metropole Aleppo spitzt sich die Lage offenbar weiter zu. UNO-Untergeneralsekretär Hervé Ladsous befürchtete, dass sich Regierungstruppen und Rebellen für den «Hauptkampf» rüsten.
Ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung setzte das Militär seine Bombardements aus der Luft fort. Nach Berichten der oppositionellen Syrischen Menschenrechtsbeobachter liess Assad Angriffe auf das Wohnviertel Salaheddin fliegen, wo um eine strategisch wichtige Zufahrtsstrasse gekämpft wird.
(sda)