Boris Becker«Ich glaube, das Gefängnis war gut für mich»
Mit grosser Spannung wurde das erste Interview von Boris Becker seit seiner Entlassung aus dem britischen Gefängnis erwartet. «Offen und ehrlich» will die einstige Tennislegende über seinen Tiefpunkt berichten.
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- Team People

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«Ich glaube, das Gefängnis war gut für mich»
«Der Gefängnisaufenthalt hat mich zurückgeholt», sagt Becker. Er habe früher viele Fehler gemacht, aber nun zu dem zurückgefunden, was wichtig sei, und habe viel nachgedacht. Auch das Studium des Stoizismus – also zu akzeptieren, was man nicht ändern kann – und Yoga hätten ihm hinter Gittern geholfen.
Später habe er seine Erkenntnis dann den jüngeren Häftlingen weitergegeben, die ihn als «eine Art Vaterfigur» wahrgenommen hätten. «Die haben mir zugehört, aber nicht dem Tennisspieler, sondern dem Häftling», sagt Becker. Er bilanziert: «Ich glaube, das Gefängnis war gut für mich.» Er habe nun eine zweite Chance bekommen und es liege an ihm, diesen Weg weiterzugehen.
Becker schöpfte im Gefängnis Kraft aus Briefen von Tennis-Kollegen
Boris Becker hat während seiner Zeit in Haft Mut und Kraft aus zahlreichen Briefen geschöpft, die ihm Fans und Bekannte schickten. Darunter seien auch Überraschungen gewesen: «Michael Stich hat mir einen dreiseitigen Brief geschrieben», erzählte Becker über seinen Tennis-Kollegen. Das habe ihn sehr berührt. Auch andere frühere Davis-Cup-Freunde und Prominente wie die Tennis-Trainerin Barbara Rittner hätten ihm geschrieben. «Lange Briefe, jetzt nicht nur «liebe Grüsse», sondern zwei, drei Seiten», erzählte der 55-Jährige sichtlich ergriffen. «Das hätte ich so nicht erwartet», sagte Becker. «Das hat mir geholfen jeden Tag, meine Disziplin nicht zu verlieren.» (dpa)

Unter anderem der frühere deutsche Tennis-Star und Grand-Slam-Gewinner Michael Stich hat Boris Becker Post in die Gefängniszelle geschickt.
«Mithäftlinge haben mir drei Kuchen zum Geburtstag geschenkt»
Boris Becker hat im Gefängnis nach eigenen Worten zu seinem 55. Geburtstag drei Kuchen von Mitgefangenen erhalten. Das habe er nicht mal in Freiheit erfahren, sagte Becker in einem am Dienstag ausgestrahlten Exklusiv-Interview mit Sat.1. «Die mussten ja quasi von ihrem knappen Geld etwas abzapfen und mir schenken.» Er habe dann die Kuchen über Tage mit anderen zusammen aufgegessen. Gefängnis sei «eine andere Welt. Man ist wirklich gleich.»
Einen solchen Zusammenhalt mit anderen Menschen habe er «in der freien Wildbahn nicht erlebt», erzählte Becker. «Wenn man zusammen wirklich ums Überleben gekämpft hat, das schweisst zusammen.» Er werde sicher mit einigen Mithäftlingen Kontakt halten. «Wir haben uns gebraucht», sagte Becker. (dpa)
Gefängnispfarrer liess Becker seine Mutter anrufen
Zum Thema Religion erklärte Becker Gätjen: «Religion ist im Gefängnis sehr wichtig, es ist eine Art Haltestab.» Je nach Religion gebe es dann eine «Rudelbildung». Er habe dann beim Gefängnispfarrer ein Gespräch gehabt, bei dem er sagte, er würde gerne seine Mutter anrufen, könne aber nicht. «Der Pfarrer sagte: Gib mir die Nummer, wir rufen sie an.»

So habe er am Muttertag mit seiner Mutter sprechen können. «Über was habt ihr gesprochen?», fragt Gätjen. «Sie wollte einfach meine Stimme hören», sagt Becker. «Ich habe sie dann beruhigt und gesagt, es gehe mir gut und ich sei in Sicherheit, was natürlich nicht stimmte.»
«Natürlich war ich beschämt, dass ich verurteilt wurde»
Boris Becker hat sich wegen seiner Haft geschämt. «Natürlich war ich beschämt, war es mir mehr als peinlich, dass ich verurteilt wurde», sagte Becker in einem am Dienstagabend ausgestrahlten Interview mit Sat.1. Halt habe ihm seine Familie gegeben. «Aber mein Verhältnis mit meinen vier Kindern war immer sehr offen, sehr direkt, sehr liebevoll», sagte Becker. Sie hätten seine Stärken und Schwächen kennengelernt. «Da gab es keine Berührungsängste.»
Mit Ex-Frau Barbara hat Becker die Söhne Noah (28) und Elias (23). Anna Ermakova (22) stammt aus einer Affäre mit Angela Ermakova. Mit Noch-Gattin Lilly hat er den Sohn Amadeus (12).
Es sei schwer gewesen, seine Familienangehörigen im Gefängnis zu empfangen, sagte Becker. «Du willst auch keinen sehen, du willst es auch deiner Familie nicht zumuten.» Das Gefängnis sei ein «gefährliches Loch». Man müsse zudem auch erst einmal mit sich selbst klar kommen, die eigene Balance finden. (dpa)
Jürgen Klopp durfte Becker nicht im Gefängnis besuchen
Wie Boris Becker schildert, musste jeder Gefängnisbesuch von den Behörden abgesegnet werden. Zwar wurde er regelmässig von seiner Familie besucht, doch es gab auch Personen, deren Besuche abgelehnt wurden. «Wer durfte dich denn nicht besuchen kommen?», will Gätjen wissen. Becker antwortet, er sei sowohl mit dem Fussballtrainer Jürgen Klopp gut befreundet, als auch mit dem deutschen Fernsehmoderator Johannes B. Kerner. Klopp wurde ein Besuch jedoch verboten. Der Grund: Er sei zu bekannt und es gäbe bei einem Besuch Sorgen um dessen Sicherheit.
«Den ganzen Tag in der Zelle – da wirst du wahnsinnig»
«Das Problem ist, dass man am Anfang keinen Job hat», berichtet Becker. Normalerweise gehe es mehrere Wochen, bis man eine Arbeit bekomme, doch mit Hilfe seiner Listener habe er nach zehn Tagen ein Angebot bekommen: «Ich wurde angefragt, ob ich Englisch und Mathe unterrichten wolle. So habe ich dann Engländern Englisch beigebracht», sagt er mit einem leisen Lachen.
Das habe ihm sein Leben etwas leichter gemacht. Denn: «In der Zelle wirst du wahnsinnig, wenn du den ganzen Tag drin bist. Du gehst die Wände hoch, und die sind nicht besonders hoch.»
«Die Listener retteten mein Leben»
Becker berichtet, wie ihm drei langjährige und kräftige Häftlinge, sogenannte «Listener», zur Seite gestellt wurden, um ihm als Neuling zu helfen. Diese hätten das Vertrauen der Gefängnisleitung gehabt. «Sie hiessen Jake, Russell und Billy und haben mein Leben gerettet», bilanziert der Ex-Tennisstar.
Auf die Frage, ob er konkret in Lebensgefahr gewesen sei, antwortet Becker: «Es gab da eine Situation in Wandsworth mit einem Mitgefangenen, der schon 25 Jahre einsass. Er war zuerst sehr nett zu mir, aber mit der Zeit wollte er an meine Kohle ran», so Becker. Dieser «John» habe dann verlangt, dass ihm Becker «dies und das» bezahle, sonst würde er «es mir zeigen». Da hätten ihm dann seine Listener aus der Patsche geholfen.

Die ersten Wochen seiner Haftstrafe verbrachte Boris Becker in dem berüchtigten und überfüllten Londoner Gefängnis Wandsworth.
Auch im Gefängnis Huntercombe westlich der britischen Hauptstadt, wo Becker den Grossteil seiner rund siebeneinhalb Monate langen Haft verbrachte, habe ihn ein Mitinsasse bedroht. «Ich habe so gezittert», schilderte Becker den Moment. «Der wollte mir an die Wäsche und hat mir auch verbal erklärt, was er mit mir machen will.» Er sei aber so gut vernetzt gewesen, dass zahlreiche andere Gefangene ihm zu Hilfe geeilt seien. Am nächsten Tag habe sich dann der Mann vor ihm auf den Boden geworfen und entschuldigt. Becker habe ihn hochgezogen und umarmt, erzählte Becker unter Tränen. (DPA)
Becker kommen die Tränen - Sat1 schaltet in die Werbung
Boris Becker schildert die harten Umstände im Gefängnis und erwähnt dabei Personen wie seinen Zellennachbarn Ike, die ihn vor Gefahren beschützt haben. Mehrere Male hätten Personen versucht, Becker zu bedrohen oder gar ihn umzubringen. Dann kommen ihm die Tränen. «Ich brauche eine Minute», sagt er zum Moderator Gätjen. Sat1 schaltet kurzerhand in die Werbepause.

Becker kämpft in seinem ersten Interview nach der Haftentlassung mit den Tränen.
«Ich hatte zwei grosse Sorgen»
Als Becker nach dem Prozess im Gefängnis in eine Sammelzelle gebracht wurde, habe er zunächst Angst gehabt, doch «zwei, drei» Mitgefangene, die ihn offenbar erkannten, hätten ihn in einer Ecke abgeschirmt, bis er in seine Zelle gebracht wurde, erzählte er Moderator Steven Gätjen.
«Ich habe im Vorfeld zwei grosse Sorgen gehabt: Eine war, in eine Zweierzelle zu kommen. Der Mitgefangene könnte ja die Nerven verlieren und dich bedrohen oder angreifen», sagt er. Die zweite Sorge habe das Duschen betroffen – er habe buchstäblich «Angst gehabt, die Seife fallen zu lassen». Es seien dann aber alles Einzelkabinen gewesen.
Boris zur Partnerin – «du musst nicht auf mich warten»
Beckers Freundin Lilian hatte am 29. April, dem Tag seiner Verurteilung, Geburtstag. Er habe am Vortag noch zu ihr gesagt: «Meine Liebe, Du musst nicht auf mich warten. Du bist eine junge Frau, du stehst auf eigenen Füssen in der Welt, du bist finanziell unabhängig, ich weiss nicht wie lange ich ins Gefängnis muss. Dann hat sie mich umarmt und gesagt: ‹Red nicht so einen Scheiss, wir schaffen das zusammen!›»
Becker schildert, wie er nach dem Schuldspruch abgeführt wurde
«Brutaler gehts kaum» – Becker schildert, wie er sich bereits vor dem Schuldspruch von seinen Geliebten verabschieden musste. Denn: Nach dem Schuldspruch wurde er direkt durch einen Keller abgeführt und inhaftiert. Vor der Sitzung wusste Becker: «Die Chance ist 50:50, dass ich ins Gefängnis muss. Als er die Zeit vor der Gerichtsverhandlung beschreibt, stockt ihm die Sprache, Tränen deuten sich in seinen Augen an. Doch nach einem Schluck Wasser geht das Interview weiter.

Das Interview mit Boris Becker führt der Fernsehmoderator Steven Gätjen.
«Die Anwälte haben alles versucht, um mein Leben zu retten»
Becker dankt im Interview seinen Anwälten. «Sie haben alles versucht, um mein Leben zu retten», so Becker. Der Moderator betont, dass die Richterin auch darauf hingewiesen habe, dass Becker vor Gericht keine Reue gezeigt hatte. Tatsächlich hatte Becker stets auf einen Freispruch plädiert. «Vielleicht habe ich nicht genug Reue gezeigt, aber ich habe vor Gericht mein Bestes gegeben. Es hätte besser laufen können, aber es hätte auch viel viel schlechter laufen können», so Becker.
Vor Prozess jeden Tag gebetet
Wie Becker weiter erzählt, habe er vor dem Prozess jeden Tag in einer Kirche in London gebetet. «Als ich dann den Schuldspruch von 30 Monaten unbedingt erhielt, ist mein Herz schon in den Keller gerutscht», sagt er. Die Richterin selbst nimmt er aber in Schutz: «Sie hat mich ja nicht schuldig gesprochen, sondern die Jury. Sie musste mir dann ja eine Strafe aussprechen.»
«Natürlich war ich schuldig»
«Natürlich war ich schuldig»: Boris Becker sagt im Sat.1-Interview gleich zu Beginn, dass die Haftstrafe berechtigt war und er Steuerhinterziehung und mehrere Insolvenzdelikte begangen hat. Gleichzeitig betont er, dass er nur in vier der 29 Anklagepunkte schuldig gesprochen wurde. «Ansonsten wäre ich noch weit länger gesessen», so Becker. Er wurde unter anderem dafür schuldig gesprochen, dass er sein Haus in Leimen, in dem seine Mutter lebt, geheimgehalten habe.
«Ich ging zum ersten Mal im Leben hungrig ins Bett»
Ex-Häftling Boris Becker hat in seinem ersten Fernsehinterview von Hungergefühlen während seines Gefängnisaufenthalts berichtet. «Ich hab natürlich sehr viel Gewicht verloren», sagte Becker (55) in dem Sat.1-Gespräch mit Moderator Steven Gätjen, das am Dienstagabend ausgestrahlt wurde. «Ich bin mit 97 Kilo ins Gefängnis gekommen und hatte dann mal knapp 90 Kilo.»
Becker fügte hinzu: «Ich hab zum ersten Mal in meinem Leben Hunger gefühlt, also bin hungrig ins Bett gegangen. Ich dachte, dass ich mit 54 Jahren schon alles erlebt habe, aber das war neu.» Im Gefängnis habe er keinen Alkohol getrunken, nicht geraucht und wochen- oder vielleicht auch monatelang sehr wenig gegessen. «Also meiner Gesundheit tat der Gefängnisaufenthalt sicherlich gut.» Mittlerweile seien aber wieder ein paar Kilo dazu gekommen.
Zu einem Fotovergleich mit Aufnahmen von vor und nach der Haft sagte Becker: «Es ist der gleiche Mensch, aber es sind zwei verschiedene Leben.» (dpa)
Film über Beckers Leidenszeit soll in die Kinos kommen
Eine Dokumentation über Boris Becker feiert auf der kommenden Berlinale Premiere. Das teilte die Pressestelle des Filmfestivals am Dienstag mit. Nach derzeitigem Stand wird der frühere Tennisstar (55) auch auf der Berlinale erwartet.
Der oscarprämierte Filmemacher Alex Gibney hat Becker, der vergangene Woche nach Deutschland zurückgekehrt ist, für die Doku längere Zeit begleitet – bis zu dessen Verurteilung. Becker sass monatelang in Grossbritannien im Gefängnis, weil er seinen Insolvenzverwaltern Vermögenswerte in Millionenhöhe verschwiegen hatte.
In dem Dokumentarfilm beweise Gibney wieder einmal, wie gut er die Kunst des Storytelling beherrsche, hiess es von der Berlinale über die «Untitled Boris Becker Documentary», die in Berlin Weltpremiere feiern wird. (dpa)
«Im Gefängnis bist du niemand, Du bist nur eine Nummer»
Erstmals nach 236 Tagen hat sich Boris Becker wieder in der Öffentlichkeit gezeigt. Die Zeit im britischen Gefängnis habe ihn verändert, sagte der deutsche Tennis-Superstar im Interview mit Sat.1. «Ich habe eine harte Lektion gelernt. Eine sehr teure. Eine sehr schmerzhafte. Aber das Ganze hat mich etwas Wichtiges und Gutes gelehrt. Und manche Dinge passieren aus gutem Grund.» Der Sender verbreitete am Dienstagmittag erste Zitate aus dem Gespräch, das am Abend (20.15 Uhr) ausgestrahlt werden sollte.
Die Erfahrungen hinter Gittern sind an dem einstigen Weltstar nicht spurlos vorbeigegangen. Erste Fotos zeigen Becker jetzt deutlich schlanker. Er hat etwas dunklere, hoch geföhnte Haare.
«Im Gefängnis bist du niemand. Du bist nur eine Nummer. Meine war A2923EV», sagte der Sportler. «Ich wurde nicht Boris genannt. Ich war eine Nummer. Und es interessiert sie einen Scheissdreck, wer du bist.» (dpa)
«Du bist nur eine Nummer»
Am Mittag wurden erste Aussagen aus dem TV-Interview publik. In diesen sagt Boris Becker: «Ich glaube, ich habe den Menschen in mir wiederentdeckt, der ich einmal war», sagte der 55-Jährige. Er habe eine harte und teure Lektion gelernt. «Aber das Ganze hat mich etwas Wichtiges und Gutes gelehrt. Und manche Dinge passieren aus gutem Grund.»
Über seine Zeit in der Haft sagte der Sportler: «Im Gefängnis bist Du niemand. Du bist nur eine Nummer. Meine war A2923EV. Ich wurde nicht Boris genannt. Ich war eine Nummer. Und es interessiert sie einen Sch****dreck, wer du bist.»
Das Exklusiv-Interview des Senders Sat.1 läuft am Dienstagabend zur Prime-Time um 20.15 Uhr. (DPA/jar)
Beckers erstes Statement
Warum Becker kurz nach seiner Haftentlassung schon wieder vor eine Kamera tritt? Er will «aufräumen», meint sein Interviewer Steven Gätjen in einer Liveschaltung mit dem «Frühstücksfernsehen». Becker selbst erklärte abseits des grossen TV-Interviews: «Ich bin immer offen. Manchmal mag man nicht glauben, was ich sage, aber ich bin immer authentisch. Ich bin immer offen und ich sage das, was ich glaube, was ich denke, was ich fühle und so bin ich eigentlich immer.» Zu sehen ist auch, dass die Sportlegende von Sohn Noah (28) und Freundin Lilian (33) zu diesem Termin begleitet wurde. (rat)
Steven Gätjen hat mit Boris Becker das erste Interview nach dessen Entlassung aus dem Gefängnis geführt. Erste Einblicke und Stevens Eindrücke seht ihr hier.