Trotz SanktionenBrachte dieser Notfall-Flug «Putins Cellisten» nach Russland?
Die EU hat unmittelbar nach Kriegsbeginn den Luftraum für russische Flugzeuge gesperrt. Das betrifft nebst Linien- auch Privatflüge – wie ein aktueller Fall zeigt, lassen sich diese aber einfach umschiffen.
- von
- Benedikt Hollenstein
Darum gehts
Am Samstag startete in Frankfurt ein privater Sanitätsjet, der wenige Stunden später in Moskau landete.
An Bord soll sich laut einem Investigativjournalisten Sergei Roldugin befunden haben.
Das Bezirksgericht Zürich wirft dem Musiker vor, Konten für ranghohe Russen wie Putin in seinem Namen geführt zu haben.
Als eine der ersten Reaktionen sperrte die EU drei Tage nach Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine ihren Luftraum für russische Flugzeuge. «Das gilt auch für die Privatjets von Oligarchen», hiess es von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen damals. Dennoch gibt es immer wieder Fälle, in denen russische Privatjets den europäischen Luftraum durchfliegen. Wie die «Welt am Sonntag» schreibt, seien nur schon bis Mitte 2022 rund 30 Überflüge aus Russland erfolgt. Manchmal handelt es sich dabei um diplomatische Flüge, aber nicht immer.
Ein solcher ereignete sich laut «T-Online» am Samstag, den 4. März, als eine Bombardier Challenger 604 mit der Registrierung D-AFAA vom Frankfurter Flughafen in Richtung Moskau Vnukovo startete.
Die betroffene Maschine ist ein Ambulanzflugzeug, das der FAI Aviation Group gehört. Nach Angaben des Unternehmens ist der Challenger für «zeitkritische Fälle sowie für nahezu jedes Szenario in der Intensivmedizin» ausgerüstet. Neben den drei Challenger 604 besitzt die FAI Aviation Group noch zwei Bombardier Global Express und sechs kleinere Learjet 60s.
Mysteriöser Passagier an Bord
Es wird daher vermutet, dass der Grund für den Flug ein medizinischer Notfall gewesen sein könnte. Ein Sprecher von FAI Aviation bestätigte, dass es sich um einen medizinischen Transport handelte, der von den Sanktionen ausgenommen war, wie «Focus online» schreibt. Doch wer wurde mit der Maschine befördert?
Laut dem bulgarischen Enthüllungsjournalisten Christo Grozev soll es sich bei dem Patienten um Sergei Roldugin handeln. Der Musiker, der wegen seiner engen Freundschaft mit dem russischen Präsidenten auch als «Putins Cellist» bekannt ist, muss sich eigentlich diese Woche vor dem Zürcher Bezirksgericht verantworten.
Vermögen von Musiker wirft Fragen auf
Denn Roldugin soll beim Schweizer Ableger der russischen Gazprombank ein Konto besitzen, über das mutmasslich Geld von und an die russische Elite floss – darunter möglicherweise auch Wladimir Putin selbst. So sei kein Zusammenhang zwischen der Tätigkeit Roldugins als Musiker und dem Vermögen auf dem Konto erkennbar. Auf dem Konto seien auch Dividenden eingegangen von einem «massiven Medienbetrieb», dessen Beteiligung sich Roldugin gar nicht hätte leisten können.
Die FAI streitet jedoch ab, dass die Maschine Sergei Roldugin nach Russland gebracht habe. Der Sprecher erklärte zwar, dass man aus Gründen des Datenschutzes keine Namen nennen könne, sagte aber: «Keine der in den Medien erwähnten Personen war beteiligt oder wurde transportiert.»
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