Terrorbekämpfung: Britische Lehrer sollen Schüler «ausspionieren»

Aktualisiert

TerrorbekämpfungBritische Lehrer sollen Schüler «ausspionieren»

Die britische Regierung will potenzielle Terroristen frühzeitig aus dem Verkehr ziehen. Sie spannt dafür die Lehrer ein. Diese sollen verdächtige Schüler melden.

Erziehungsminister Ed Balls präsentierte am Mittwoch eine neue Richtlinie, wie britische Medien berichten. Sie stellt die Schulen ins Zentrum einer «Präventionsagenda» gegen die Bedrohung durch Terroristen. Die Lehrkräfte werden dazu ermuntert, mit ihren Schülerinnen und Schülern über islamistische Organisationen wie Al Kaida und rechtsextreme Gruppen zu diskutieren, um Teenager von Gewalttaten abzuhalten.

Zu diesem Zweck erhalten Schulen und Lehrkräfte eine Art Gebrauchsanleitung, wie Debatten in den Klassenzimmern stattfinden sollen, ohne dass extremistische Ansichten unbemerkt bleiben. Die Lehrpersonen werden auch dazu ermuntert, die universellen Rechte sowie die freie Meinungsäusserung zu propagieren, um allenfalls aufkommenden Hassgefühlen unter den Schülern entgegenzutreten. Auch sollen Vereinigungen unterstützt werden, die sich gegen die Botschaften gewalttätiger Extremisten wenden.

Entrüstung an Universitäten

Das kontroverseste Element des Regierungsplans ist die Verpflichtung an die Lehrer, ihre Schützlinge auf Anfälligkeit für extremistische Ansichten zu überwachen und die Eltern zu informieren. Falls Grund zu ernsthafter Besorgnis bestehe, werden die Lehrer aufgefordert, soziale Dienste oder die Polizei zu benachrichtigen. Eine ähnliche Anweisung an die Universitäten hatte einen Entrüstungssturm verursacht. Dozenten beklagten sich, man habe von ihnen verlangt, ihre Studenten auszuspionieren.

Für besondere Empörung sorgte, dass explizit muslimische Studenten erwähnt wurden. Die Richtlinie wurde deshalb auf sämtliche extremistischen Ansichten ausgedehnt. Auch im aktuellen Fall wurde gemäss einem Bericht des «Guardian» ursprünglich nur der islamistische Extremismus erwähnt. Nach Beschwerden von Lehrergewerkschaften wurden auch rechtsextreme Gruppen integriert.

Gewerkschaften sind skeptisch

Die Lehrerschaft reagierte dennoch mit gemischten Gefühlen auf die Richtlinie. Die grösste Lehrergewerkschaft Grossbritanniens NASUWT betonte, die Schulen könnten «einen wichtigen Beitrag dazu leisten, junge Leute davon abzuhalten, Opfer von Extremismus zu werden».

Mary Bousted, Generalsekretärin einer anderen Lehrervereinigung, erinnerte gegenüber dem «Guardian» jedoch daran, dass Lehrer nicht dafür ausgebildet seien, mit Radikalisierung umzugehen: «Wir sind keine Geheimdienstler.» Und Christine Blower von der National Union of Teachers sagte, es sei sehr wichtig, dass die Lehrkräfte mit ihren Schülern diskutieren könnten «ohne das Gefühl, jedes Wort melden zu müssen».

(pbl)

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