Obdachlos: Bruno schläft lieber im Winterwald als im Bett

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ObdachlosBruno schläft lieber im Winterwald als im Bett

Draussen zuhause: Für Obdachlose in der Stadt St. Gallen ist dies realer Alltag. Von den Notunterkünften machen längst nicht alle Gebrauch.

von
tso
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Trotz des Wintereinbruchs bleiben in der Unterkunft für Obdachlose Betten frei. Einige Obdachlose ziehen es vor, der Kälte zu trotzen.

Trotz des Wintereinbruchs bleiben in der Unterkunft für Obdachlose Betten frei. Einige Obdachlose ziehen es vor, der Kälte zu trotzen.

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So auch der 44-jährige Bruno. Der St. Galler ist stadtbekannt. Sein Hab und Gut hat er immer dabei. Gegen die Kälte ist er gewappnet, wie er sagt. Er habe im Wald eine Feuerstelle und einen Schlafplatz. Probleme bereiten ihm die Nässe und oft auch die Schlaflosigkeit.

So auch der 44-jährige Bruno. Der St. Galler ist stadtbekannt. Sein Hab und Gut hat er immer dabei. Gegen die Kälte ist er gewappnet, wie er sagt. Er habe im Wald eine Feuerstelle und einen Schlafplatz. Probleme bereiten ihm die Nässe und oft auch die Schlaflosigkeit.

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In der Gassenküche kann er seine Sachen trocknen und sich aufwärmen, manchmal auch ein wenig schlafen. Dann macht er sich wieder auf um in der Stadt Kleingeld zu erbetteln.

In der Gassenküche kann er seine Sachen trocknen und sich aufwärmen, manchmal auch ein wenig schlafen. Dann macht er sich wieder auf um in der Stadt Kleingeld zu erbetteln.

tso

Die Unterkunft für Obdachlose (UFO) nahe dem Stadtzentrum bietet Schlafplätze für maximal elf Personen. Doch ist das UFO trotz des plötzlichen Wintereinbruchs nicht voll ausgelastet, wie ein Augenschein vor Ort zeigt. Einige Obdachlose verbringen ihre Nächte lieber draussen und trotzen der Kälte.

Einer von ihnen ist Bruno. Der 44-Jährige ist dafür bekannt, seinen Rucksack mit all seinem Hab und Gut immer bei sich zu tragen. Der heftige Schneefall habe ihm keine «allzu grossen» Probleme bereitet, wie er sagt. Er schlafe seit Jahren draussen und sei die Kälte gewohnt. «Ausserdem bin ich selber gut ausgerüstet.» Sein Schlafsack zum Beispiel sei «ein top Markenprodukt». Doch sei dieser letzte Nacht nass geworden, «weil der Wind Schneeflocken reingeblasen hat». Darum hat er seinen Schlafsack zum Trocknen in die Gassenküche gebracht. Eine gute Gelegenheit, sich kurz aufzuwärmen – und Zeitung zu lesen. Warum er lieber im Wald als im UFO schläft, kann oder will er nicht genau sagen.

Kurz dösen und dann weiter

Bruno gegenüber sitzt der 32-jährige Stefan. Auch er verbrachte einige Jahre ohne festen Wohnsitz, schlief in Kellern, Schuppen, bei Kollegen oder auch mal draussen. Er ist froh, endlich eine feste Bleibe gefunden zu haben. Nicht nur wegen des Winters. «Man gewöhnt sich zwar an die Kälte», sagt er, «aber ruhigen Schlaf zu finden ist sehr schwierig.» Oft habe er mehrere Bier getrunken, um einschlafen zu können.

Überhaupt sei ruhiger Schlaf der grösste Luxus, sind sich beide einig. Es sei selten, dass er eine Nacht durchschlafen könne, erzählt Bruno. So komme es vor, dass er beim Aufwärmen in der Gassenküche kurz wegdöse. Doch lieber ist er in der Stadt unterwegs, fragt die Leute nach etwas Münz für seine nächste Mahlzeit, für Zigaretten, Bier, vielleicht auch für anderes. Heiligabend hat er in der Gassenküche verbracht, die dank einer grosszügigen Spende 35 Gratismahlzeiten ausgeben konnte. Normalerweise zahlen die Gäste einen Unkostenbeitrag von 3 Franken.

Ein Feuer für Silvester

Das Essen in der Gassenküche sei immer sehr gut, sagt Bruno. Doch eigentlich kocht er lieber selbst, auf seinem Gaskocher im Wald. Oder über dem Feuer. «Nur habe ich es leider verpennt, vor dem Schneefall noch einen grossen Holzvorrat anzulegen.» Ein Feuer habe er aber noch immer hingekriegt, sagt er. Voraussichtlich werde er auch den Silvesterabend am warmen Feuer verbringen. «Hoffentlich habe ich dann noch genug Geld für ein paar Bier.»

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