Iran: Brutales Vorgehen – mindestens 23 Kinder von Sicherheitskräften getötet

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IranBrutales Vorgehen – mindestens 23 Kinder von Sicherheitskräften getötet

Seit Wochen protestieren Hunderttausende Iranerinnen und Iraner für mehr Frauenrechte. Die Sicherheitskräfte gehen äusserst brutal vor und dringen auch in Schulen ein.

Aufnahmen vom 9. Oktober 2022: Schüler und Schülerinnen gehen im ganzen Land auf die Strasse, die Polizei reagiert oft mit Tränengas. In Bandarabbas im Süden Irans wurden Schülerinnen von der Polizei verfolgt.

20 Minuten /Twitter

Darum gehts

Bei den seit vier Wochen andauernden Protesten im Iran sind nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen bislang mindestens 23 Kinder durch Sicherheitskräfte getötet worden. «Iranische Sicherheitskräfte haben widerrechtlich mindestens 23 Kinder getötet», teilte Amnesty Iran auf Twitter unter Berufung auf einen am Donnerstag veröffentlichten Bericht mit. Dieses Vorgehen untermauere, «mit welcher Brutalität» die Behörden versuchten, die Proteste im Land zu unterdrücken, erklärte Amnesty International am Freitag. Dennoch riefen Aktivisten für Samstag zu landesweiten Massenprotesten auf.

Mehrere Mädchen totgeprügelt

Bei den getöteten Kindern handelt es sich dem Amnesty-Bericht zufolge um 20 Jungen im Alter zwischen elf und 17 Jahren und drei Mädchen, von denen zwei 16 und eines 17 Jahre alt waren. Die meisten Jungen wurden demnach von Sicherheitskräften erschossen, drei Mädchen und ein Junge seien «nach tödlichen Schlägen durch Sicherheitskräfte» gestorben, hiess es in dem Bericht. In einzelnen Fällen sollen Sicherheitskräfte in unmarkierten Autos bei Schulen vorgefahren sein und dort Schulkinder verhaftet haben.

Die Proteste waren durch den Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini ausgelöst worden. Die 22-Jährige war am 16. September in Teheran gestorben, nachdem sie dort drei Tage zuvor von der Sittenpolizei wegen des Vorwurfs festgenommen wurde, ihr Kopftuch nicht den Vorschriften entsprechend getragen zu haben.

Eltern erhalten keine Infos zu verhafteten Kindern

Die im Iran ansässige Iranische Gesellschaft zum Schutz der Kinderrechte berichtete diese Woche zudem, Familien würden über das Schicksal ihrer verhafteten Kinder «im Unklaren gelassen». Dem iranischen Menschenrechtsanwalt Hassan Raissi zufolge würden einige Jugendliche in Einrichtungen für erwachsene drogenabhängige Straftäter inhaftiert. Das UN-Kinderhilfswerk Unicef hatte sich am Montag «sehr besorgt» über Berichte geäussert, wonach «Kinder und Jugendliche getötet, verletzt und festgenommen» worden seien.

Unterdessen gehen die Proteste unvermindert weiter. In Online-Videos, die von der Nachrichtenagentur AFP überprüft wurden, waren am Freitag Hunderte von Männern zu sehen, die nach dem wöchentlichen Freitagsgebet in der Provinz Sahedan im Südosten des Landes protestierten.

«Bestes VPN ist die Strasse»

Trotz gesperrter Zugänge zu Internetdiensten und Online-Plattformen wie Instagram und Whatsapp riefen Aktivisten für Samstag die Menschen unter dem Motto «Der Anfang vom Ende!» zu einer grossen Beteiligung an weiteren Protesten auf. «Wir müssen auf den Plätzen präsent sein, denn das beste VPN ist heutzutage die Strasse», erklärten sie mit Hinweis auf virtuelle private Netzwerke, die zur Umgehung von Internetbeschränkungen verwendet werden.

In der südlichen Provinz Fars wurden am Freitag im Zusammenhang mit den Protesten zwei Sicherheitskräfte erschossen, wie staatliche Medien berichteten. Die Männer verfolgten demnach zwei Motorradfahrer beim Sprühen von Parolen. Die Teheraner Polizei kündigte zudem am Freitag in einer seltenen Erklärung an, Belästigungsvorwürfe gegen einen ihrer Mitarbeiter zu untersuchen. Der Polizist war dabei gefilmt worden, wie er eine gerade festgenommene Demonstrantin zu berühren schien.

Schauspielerin lässt Hidschab-Plakat entfernen

Auch in Teheran dauerten die Proteste unterdessen weiter an. So entfernten die Behörden am Freitagmorgen am zentralen Valiasr-Platz in Teheran innerhalb von 24 Stunden ein Werbeplakat mit Dutzenden prominenten Hidschab tragenden Frauen, nachdem einige der Abgebildeten laut der Nachrichtenagentur Fars um Entfernung ihrer Bilder gebeten hätten – darunter auch die preisgekrönte iranische Schauspielerin Fatemeh Motamed-Arya.

In einem emotionalen Video forderte sie die Entfernung ihres Bildes. «Ich bin die Mutter von Mahsa, ich bin die Mutter von Sarina, ich bin die Mutter aller Kinder, die in diesem Land getötet werden, ich bin die Mutter des ganzen Iran, keine Frau im Land der Mörder», sagte sie in dem in Online-Medien verbreiteten Video.

Bist du oder ist jemand, den du kennst, von sexualisierter, häuslicher, psychischer oder anderer Gewalt betroffen?

Hier findest du Hilfe:

Polizei nach Kanton

Beratungsstellen der Opferhilfe Schweiz

Lilli.ch, Onlineberatung für Jugendliche

Frauenhäuser in der Schweiz und Liechtenstein

Zwüschehalt, Schutzhäuser für Männer

LGBT+ Helpline, Tel. 0800 133 133

Alter ohne Gewalt, Tel. 0848 00 13 13

Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143

Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147

Beratungsstellen für gewaltausübende Personen

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(AFP/bho)

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