SP-Initiative: Bürgerrecht für in der Schweiz Geborene?

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SP-InitiativeBürgerrecht für in der Schweiz Geborene?

Die SP arbeitet eine Initiative aus, nach der es viel einfacher werden soll, den Schweizer Pass zu bekommen. Kritiker befürchten einen Schwangerschaftstourismus.

Andrea Heeb Perrig
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Andrea Heeb Perrig
Die SP arbeitet an einer Initiative, damit es einfacher wird, die Schweizer Staatsbürgerschaft zu erhalten. Der Aargauer Nationalrat Cédric Wermuth hat daran mitgearbeitet.

Die SP arbeitet an einer Initiative, damit es einfacher wird, die Schweizer Staatsbürgerschaft zu erhalten. Der Aargauer Nationalrat Cédric Wermuth hat daran mitgearbeitet.

«Die Hürden für den Erhalt der Schweizer Staatsbürgerschaft sind heute viel zu hoch», sagt der Aargauer SP-Nationalrat Cédric Wermuth. Er hat einen Initiativentwurf mitausgearbeitet, wie die «Schweiz am Sonntag» berichtete. Dieser beinhaltet drei wesentliche Punkte zur Vergabe des Schweizer Bürgerrechtes: Erstens sollen staatenlose Kinder, die in der Schweiz geboren werden, automatisch Anspruch auf den Schweizer Pass haben. Der Vorschlag des Geburtsrechts soll also nur für Sans Papiers gelten. Zweitens soll, wer bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mindestens fünf Jahre in der Schweiz lebt, ebenfalls automatisch Schweizer Bürger werden. Zudem sollen künftig nicht mehr Kantone und Gemeinden für die Vergabe des Bürgerrechtes zuständig sein, sondern der Bund.

«Heute leben in der Schweiz mehr als 1,8 Millionen Ausländer. Das ist ein Viertel der gesamten Bevölkerung. Sie arbeiten hier, zahlen Steuern und haben trotzdem keine staatsbürgerlichen Rechte. Das ist ein Unding und muss unbedingt geändert werden», argumentiert Wermuth. Und die Badener SP-Parteipräsidentin Andrea Arezina, die ebenfalls an der Initiative mitgearbeitet hat, führt aus: «Wir brauchen dringend ein anderes Prozedere bei der Vergabe des Bürgerrechts. Kinder, welche hier aufwachsen und zur Schule gehen, gehören zu uns und sollen automatisch den Schweizer Pass erhalten.»

Politiker befürchten Schwangerschaftstourismus

Doch Politiker befürchten einen Schwangerschaftstourismus, wie er in den USA bereits existiert. Tausende hochschwangere Frauen reisen dort jährlich als Touristinnen ein, um sich in einer US-Klinik entbinden zu lassen und ihrem Kind damit die amerikanische Staatsbürgerschaft zu schenken - denn dieses Recht garantiert die Verfassung. In einigen US-Staaten existieren sogar spezielle Häuser, welche die Frauen gegen Bezahlung aufnehmen und auf die Geburt vorbereiten.

«Käme die Initiative durch, würden Asylbewerber erst recht in die Schweiz kommen und versuchen, ihre Kinder hier zur Welt zu bringen, damit diese automatisch das Schweizer Bürgerrecht erhalten», sagt SVP-Nationalrat Alfred Heer. Und Marianne Binder-Keller, Kommunikationschefin der CVP Schweiz, gibt zu bedenken: «Dass man nicht jedem, der hier geboren ist, automatisch das Bürgerrecht erteilen kann, hat etwas mit der Grösse des Landes zu tun.»

Cédric Wermuth ist allerdings überzeugt, dass es nicht zu einem Schwangerschaftstourismus kommen würde: «Diese Behauptung ist absurd. Die Menschen suchen sich nicht ein Land aus wegen der Gesetze, sondern weil sie in Not sind. Sie kommen sowieso, da ändert ein menschenwürdiger Umgang nichts daran.»

Bund soll für Einbürgerung zuständig sein

Auch die Idee, dass nicht länger Gemeinden, sondern der Bund über die Vergabe des Bürgerrechtes entscheidet, stösst auf Kritik. FDP-Parteipräsident Philipp Müller findet, dies widerspreche dem föderalen Aufbau des Schweizer Staatswesens. Alfred Heer pflichtet bei: «In den Gemeinden kennt man die betroffenen Personen und weiss auch, ob sie integriert sind.»

Doch genau darin ortet Wermuth das Problem: «Weil heute die Gemeinden und Kantone völlig unterschiedlich mit der Vergabe des Bürgerrechtes umgehen, muss die Einbürgerung vereinheitlicht werden und der Bund diese Aufgabe übernehmen.» Von «willkürlichen Einbürgerungsentscheiden» spricht auch Parteikollegin Arezina: «So wird zum Beispiel jemand nicht eingebürgert, nur weil er die falsche Nationalität hat».

Ob die Initiative eingereicht wird, entscheidet sich am 21. Juni. Dann diskutiert die SP-Geschäftsleitung als eines von zehn möglichen Initiativprojekten darüber.

Korrektur: Die SP-Initiative sieht nur ein Bürgerrecht für staatenlose Kinder vor, welche in der Schweiz geboren werden. Und nicht für alle, welche in der Schweiz auf die Welt kommen, wie 20 Minuten zuerst berichtete.

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