Vor EM-QualifikationBulgariens Fussball - wer hats erfunden?
Wie die Schweiz will auch Bulgarien zum Befreiungsschlag im Kampf für die EM-Endrunde 2012 ausholen. Ohne Schweizer Entwicklungshilfe wäre das kaum möglich.
- von
- Eva Tedesco

Die Schweizer Nati-Spieler jubeln am 1. Mai 1991 in Sofia über den 3:2-Sieg gegen Bulgarien. (Bild: Keystone/AP)
Es darf gesagt sein: Es waren Schweizer, die den Fussball überhaupt erst nach Bulgarien gebracht haben. Man schrieb das Jahr 1893, als der bulgarische Bildungsminister Georgi Zivkov Westeuropa bereiste und dabei in Lausanne einem Sportfestival beiwohnte. Der Bulgare zeigte sich derart begeistert, dass er daraufhin zehn Schweizer engagierte, die an bulgarischen Gymnasien Sport unterrichten sollten. Einer der auserwählten Pioniere war Georges de Rebius. Der Turnlehrer brachte einen Lederball nach Varna mit, den er sich eigens aus England hatte kommen lassen. Ein Jahr später wurde de Rebius der erste Trainer und Schiedsrichter in Bulgarien.
1897 führte sein Kollege Charles Campo die Verbreitung des Fussballs in Sofia fort. Und noch im selben Jahr veröffentlichten die beiden Schweizer Alois Bünter und Jack Fardel in einer pädagogischen Zeitschrift einen Artikel, in dem sie die Fussballbegriffe ins Bulgarische übersetzten (vgl. Ghanbarian-Baleva, Gergana: Ein «englischer Sport» aus der Schweiz.). Er wurde zum ersten Regelwerk in bulgarischer Sprache.
Es vergingen weitere sieben Jahre, bis erste verbandsähnliche Strukturen entstanden. Das Zentrum des Fussballs wurde die Hauptstadt Sofia mit ihren Aushängeschildern Slavia und Levski. 1923 wurde offiziell der Fussballverband gegründet und Bulgarien zum Fifa-Mitglied. Grosse Erfolge der Nationalmannschaft blieben lange aus. Bestechungsvorwürfe, Korruption und zwielichtige Geschäfte schadeten dem Fussball. Und Wechsel ins Ausland waren den Profis im kommunistischen Land lange nicht erlaubt.
Ein Coup und wenige Höhepunkte
Die Teilnahme an der WM 1994 in den USA bleibt das bisher grösste Highlight. Mit Stars wie Krassimir Balakov, Hristo Stoichkov, Yordan Letchkov und Emil Kostadinov, die in der Heimat Kultstatus geniessen, wurde Bulgarien sensationeller Vierter. Zwar qualifizierte man sich in der Folge auch für die EM 1996 und 2004 sowie für die WM 1998, schied aber jeweils in der Vorrunde aus. Seit 2004 hat sich Bulgarien für keinen Grossanlass mehr qualifiziert. Mit nur einem Sieg aus drei Qualifikationsspielen bisher steht das Team von Natitrainer Lothar Matthäus vor dem Spiel am Samstag gegen die Schweiz auch in der aktuellen EM-Quali mit dem Rücken zur Wand.
Zwischen Bulgarien und der Schweiz kam es bisher zu acht Begegnungen. Mit drei Siegen, drei Remis und zwei Niederlagen (12:11 Tore) spricht die Bilanz für die Eidgenossen. Zuletzt trafen die beiden Teams im Februar 2009 in Genf aufeinander. Unter Trainer Ottmar Hitzfeld reichte es für die Schweiz dank einem Tor von FCB-Routinier Benjamin Huggel zum 1:1-Remis.
Das Wunder von Sofia
Das packendste Duell liegt knapp 20 Jahre zurück: Im Mai 1991 empfing Bulgarien die Schweizer in der EM-Qualifikation für die Endrunde in Schweden im Nationalstadion in Sofia. Der Gastgeber legte los wie die Feuerwehr und führte schnell 2:0, ehe die Eidgenossen zurückschlagen konnten. Den Startschuss zur Aufholjagd gab Adrian Knup mit dem Anschlusstreffer zum 1:2 (59.). In der 85. Minute doppelte der Basler nach, ehe Kubilay Türkyilmaz in der Nachspielzeit zum 3:2 traf. Die Sensation war perfekt, aber für die EM-Endrunde in Schweden fehlte den Schweizern am Ende ein Punkt.
So weit ist es nicht. Frei, Streller und Co. haben noch eine Chance, um einen Befreiungsschlag zu schaffen – und die Bulgaren haben längst nicht mehr das Kaliber ihrer goldenen Generation vor 20 Jahren.