Bund gibt Bären eine Chance
Der Bär erhält in der Schweiz eine Chance - solange er keine Menschen gefährdet. Risikobären aber, die jede Scheu abgelegt haben und Menschen angreifen, werden abgeschossen.
Das Bundesamt für Umwelt hat am Dienstag sein neues Konzept für den Umgang mit den Raubtieren vorgelegt, das auf der Überzeugung basiert, dass ein Nebeneinander von Bär und Mensch in der Schweiz möglich ist. Priorität hat dabei in jedem Fall die Sicherheit der Menschen. Wird ein Bär zur Gefahr für sie, wird er, wie jüngst Bär Bruno in Bayern, geschossen. Das Konzept soll aber die Voraussetzungen schaffen, dass Bär und Mensch möglichst konfliktfrei zusammenleben können. Es stellt Regeln für den Umgang mit den Tieren auf und soll dadurch Schäden möglichst verhüten.
Gemäss dem Konzept werden ansässige Bären in drei Typen unterteilt. Geschossen werden dürfen nur so genannte Risikobären. Dabei handelt es sich um aggressive Tiere, welche trotz Vergrämungsaktionen die Scheu vor dem Menschen verloren haben, in Siedlungen Nahrung suchen und grosse Schäden anrichten. Über die Abschussbewilligung im konkreten Fall entscheidet der betroffene Kanton nach Rücksprache mit einer interkantonalen Kommission, in welcher auch das BAFU Einsitz nimmt.
Eine Stufe unter dem Risikobär stehen die Problembären. Damit sind Bären gemeint, die oft in Siedlungsnähe Nahrung suchen und dadurch Schäden anrichten und gefährliche Situationen verursachen. Sie werden gemäss Konzept eingefangen, mit einem Sender versehen und vergrämt. Dazu baut der Bund mit den betroffenen Kantonen eine spezielle «Vergrämungs-Eingreiftruppe» aus erfahrenen Wildhütern auf. Nützt dies nichts, so droht dem Tier die Einstufung zum Risikobären und damit der Abschuss. Die dritte Kategorie ist jene der unauffälligen Bären, die den Kontakt mit Menschen nach Möglichkeit meiden.
Für allfällige Schäden, welche ein Bär an landwirtschaftlichen Kulturen und in Nutztierbeständen anrichtet, müssen zu 80 Prozent der Bund und zu 20 Prozent der betroffene Kanton aufkommen. Andere direkte Schäden, etwa an Bienenhäuschen oder Kaninchenställen, gehen vollständig auf das Konto des Bundes. Geregelt wird in dem Konzept auch die Information. Das BAFU und der betroffene Kanton werden angehalten, in Bärengebieten die Bevölkerung über das richtige Verhalten zu orientieren. Touristische Führungen in Bärengebieten sollen gar nicht oder nur unter fachkundiger Leitung angeboten werden.
Das Bärenkonzept wurde ausgearbeitet, nachdem im letzten Sommer erstmals seit 100 Jahren wieder ein Bär in der Schweiz gesichtet worden war. Wo sich dieses Tier derzeit befindet und ob es überhaupt noch lebt, ist allerdings unklar. Vergangene Woche wurde aus dem Münstertal wieder eine Bärenbeobachtung gemeldet. Diese konnte aber bisher nicht offiziell bestätigt werden. (dapd)
Der Engadiner Bär wäre ein Problembär
Das 2005 aus Italien ins Engadin eingewanderte Braunbären-Männchen wäre gemäss dem Konzept Bär als Problembär einzustufen. Er war wiederholt in der Nähe von Siedlungen gesehen worden und hatte zahlreiche Nutztiere gerissen.
Mit Vergrämungsaktionen hätte man versucht, dem Tier die Angst vor Menschen beizubringen, wie Reinhard Schnidrig, Leiter Sektion Jagd, Wildtiere und Waldbiodiversität beim Bundesamt für Umwelt (BAFU), auf Anfrage sagte. Der Bär war Ende Juli 2005 aus dem italienischen Trentino in die Schweiz eingewandert.
Zwei Monate lang streifte das mit «JJ2» bezeichnete Tier durch das Münstertal, den Schweizerischen Nationalpark und das Unterengadin. In dieser Zeit riss er nach Angaben des BAFU rund zwei Dutzend Schafe und ein Kalb. Mehrere Begegnungen mit Menschen hätten zu Zwischenfällen führen können, hielt das BAFU fest.
Ob JJ2 noch lebt und wo er sich heute aufhält, ist nicht bekannt. Sein Bruder Bruno streifte im Juni durch Bayern (D) und Tirol (A). Er drang mehrmals in Siedlungen ein und richtete grosse Schäden an. Am 26. Juni wurde Bruno erschossen. (sda)