Professor warnt«Burkaverbot verstösst gegen die Verfassung»
Das Burkaverbot verletzt die Religionsfreiheit und ist nicht im öffentlichen Interesse, sagt Staatsrechtler Urs Saxer. SP, SVP und CVP planen derweil neue Verbots-Vorlagen.
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Burkas im öffentlichen Raum empfinde er auch als irritierend, gibt der Zürcher Staats- und Völkerrechtler Urs Saxer im Interview mit dem «SonntagsBlick» zu. Es könne aber nicht Aufgabe der Polizei sein, Jagd auf Frauen zu machen, die eine Burka tragen.
Zwar sei es zulässig, dass der Staat in Schulen, Spitälern und Verwaltungen Kleidervorschriften erlasse, doch ein generelles Burkaverbot sei nicht im öffentlichen Interesse und klar unverhältnismässig.
Auch verstosse das Verbot gegen die verfassungsmässig garantierten Freiheitsrechte. Zur persönlichen Freiheit und Religionsfreiheit gehöre auch das Recht, die Religion mit Symbolen zu bekennen. Saxer bezweifelt, dass das Parlament in Bern der neuen Verfassungsbestimmung im Kanton Tessin die Genehmigung erteilen kann.
SVP-Nationalrat für schweizweites Burkaverbot
SVP-Nationalrat und Gewerbeverbandspräsident Jean-François Rime unterstützt die Idee seiner Parteikollegen, ein nationales Anti-Burka-Volksbegehren zu lancieren. «Ich habe Verständnis für den Beschluss des Tessiner Volks. Der Grundsatzentscheid ist richtig. Ich bin auch für ein Burka-Verbot in der Schweiz», sagte Rime zum «SonntagsBlick».
Rime glaubt nicht, dass zahlungskräftige Touristen aus islamischen Ländern ausbleiben könnten. «Diese Gefahr wird übertrieben. Ich war selber in arabischen Ländern. Sogar dort sah ich wenig Frauen in Burkas. Deshalb glaube ich nicht, dass verschleierte Touristen aus diesen Staaten viel Geld in die Schweiz bringen. Für die Wirtschaft und das Gewerbe sind Burka und Nikab kein grosses Thema», erklärt Rime.
SP-Frauen planen generelles Verhüllungsverbot
Die SP hat aus der Minarett-Initiative gelernt und will dieses Mal die Debatte über die Burka und deren Verbot nicht der SVP überlassen. Nachdem konservative Kreise eine nationale Initiative angekündigt haben, lancieren die SP-Frauen nun selbst zwei Vorschläge, die von allen ihren Parlamentarierinnen im Bundeshaus unterstützt werden.
Laut SP-Vizepräsidentin Cesla Amarelle soll jeder bestraft werden, der andere Personen zwingt, ein spezielles Kleidungsstück zu tragen, etwa um damit das Gesicht zu verhüllen oder einen Teil des Körpers zur Schau zu stellen. Ein generelles Burka-Verbot ist jedoch kein Thema. «Es geht uns um die Trennung von Kirche und Staat sowie die Gleichheit der Geschlechter», betont Amarelle in der «SonntagsZeitung».
CVP und SVP wollen Kopftücher an Schulen verbieten
Das Bundesgericht hat das Kopftuchverbot einer Thurgauer Schule für unzulässig erklärt. Jetzt wollen CVP- und SVP-Politiker ein Verbot über die kantonale Gesetzgebung erreichen, wie die «NZZ am Sonntag» schreibt. Federführend in der Offensive sind SVP-Nationalrat Lukas Reimann und CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter. Sie haben in den vergangenen Wochen Mustervorstösse in die kantonalen Sektionen verteilt.
Schulen soll ermöglicht werden, das Tragen eines Kopftuchs im Unterricht zu verbieten. In mindestens zehn kantonalen Parlamenten der Deutschschweiz sind Vorstösse bereits erfolgt oder noch geplant, unter anderem der Kanton Aargau, Bern, Solothurn und Zürich.
In den Ostschweizer Kantonen Thurgau und St. Gallen sind die Vorstösse von Seiten SVP und CVP bereits erfolgt. «Meine Argumentation folgt Alice Schwarzer: Das Kopftuch ist ein Machtinstrument der Männer über die Frauen», sagt Schneider-Schneiter. Die SVP-Exponenten argumentieren vorwiegend mit der religiösen Symbolik, welche mit dem Kopftuch in Verbindung gebracht werde. «Christliche Symbole wie Jesus am Kreuz werden in der Schule verboten, importierte Symbole hingegen erlaubt», sagt der Solothurner SVP-Kantonsrat Silvio Jeker.