Bundesrat: BVG-Mindestzinssatz sinkt massiv

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BundesratBVG-Mindestzinssatz sinkt massiv

Der Entscheid, den Mindestzinssatz auf Guthaben der zweiten Säule auf 2 Prozent zu senken, ist auf Kritik gestossen. Für die Arbeitgeber ging der Bundesrat zu wenig weit. Die SP hingegen findet die Senkung stossend. FDP und CVP sind zufrieden.

«Nun werden die Pensionskassen in einer schwierigen Situation zusätzlich belastet», sagte Thomas Daum, Direktor Schweizerischer Arbeitgeberverband, am Mittwoch auf Anfrage. Dabei wäre es im Interesse der Versicherten, dass die Pensionskassen nicht in Schwierigkeiten geraten.

Der Arbeitgeberverband hatte im Vorfeld - wie auch der Schweizerische Pensionskassenverband (ASIP) und der Schweizerische Versicherungsverband (SVV) - eine Senkung auf 1,75 Prozent verlangt.

Diskussion um Formel

Am Mittwoch nun forderten ASIP, SVV und Arbeitgeberverband erneut, zur Berechnung des Mindestzinssatzes eine mathematische Formel einzuführen. «Die Pensionskassen brauchen ein verlässliches Regelsystem», sagte Daum. Nur mit der Festlegung einer Formel könne der BVG-Mindestzinssatz entpolitisiert werden.

Der Gewerkschaftsdachverband Travail.Suisse sei nicht grundsätzlich gegen eine Formel, sagte Matthias Kuert von Travail.Suisse auf Anfrage. «Bis jetzt haben die Versicherer aber nur Formeln präsentiert, welche die Interessen der Arbeitnehmenden nicht genügend berücksichtigten.»

SP: Nach UBS-Hilfspaket kommt Rentenabbau

Im Vorfeld hatten die Gewerkschaften vom Bundesrat verlangt, den Zinssatz nicht unter 2,25 Prozent zu senken. Scharf kritisierten die Gewerkschaften wie auch die SP am Mittwoch, dass der Bundesrat den Zinssatz in schlechten Zeiten rasch senke, in guten aber nur zögerlich erhöhe.

Die SP zeigte sich in einer Medienmitteilung regelrecht erzürnt: «Eine knappe Woche nach Bekanntgabe des milliardenschweren Hilfspakets an die UBS ist dieser Rentenabbau besonders stossend.» Weiter wies die SP darauf hin, dass die momentanen Erträge bei den Bundesobligationen bei 2,9 Prozenz liegen würden.

SVP: Mindestzins am besten abschaffen

SVP, FDP und CVP beurteilten den Entscheid des Bundesrates als vernünftig. Die Senkung sei ein akzeptabler Kompromiss, sagte CVP- Sprecherin Marianne Binder auf Anfrage. «Doch wenn sich die Finanzmärkte erholen, muss der Mindestzinssatz wieder nach oben angepasst werden.»

FDP-Generalsekretär Stefan Brupbacher sagte, es wäre angesichts der Finanzkrise die falsche Politik, jetzt die Pensionskassen zu verpflichten, hohe Risiken einzugehen. Denn: Wenn der Mindestzinssatz hoch sei, müssten die Pensionskassen entsprechend hohe Risiken bei der Anlage des Geldes eingehen.

Auch für die SVP sei ein Mindestzinssatz von 2 Prozent zurzeit vernünftig, sagte SVP-Sprecher Alain Hauert auf Anfrage. Für die Zukunft muss aber überlegt werden, den Mindestzinssatz ganz abzuschaffen. (sda)

Berg- und Talfahrten des Mindestzinssatzes

Der BVG-Mindestzinssatz machte in den letzten Jahren eine Berg- und Talfahrt - entsprechend der Entwicklung der Wirtschaft und der Börsen.

1985 bis 2002 lag der Mindestzinssatz unverändert bei 4 Prozent. Die Börsenkrise ab Ende 2000 und die schlechte Wirtschaftslage liessen bei den Versicherern das Eigenkapital schmelzen. Etliche Vorsorgeeinrichtungen gerieten Ende 2002 in eine Unterdeckung.

Auf Druck der Versicherer senkte der Bundesrat daraufhin den Mindestzinssatz schrittweise auf 3,25 Prozent (2003) und dann auf 2,25 Prozent (2004) - dies gegen heftige Kritik der Linken und der Gewerkschaften, die von «Rentenklau» sprachen.

Der Branchenverband wehrte sich gegen diesen Vorwurf. Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Nationalrates kam in einem Bericht von 2004 zum Schluss, wegen fehlender gesicherter Daten sei ein solcher «Rentenklau» nicht nachweisbar.

Als sich die Lage auf dem Finanzmarkt besserte, hob der Bundesrat den Zinssatz wie versprochen wieder an: Auf 2,5 Prozent (2005) und auf Anfang 2008 auf 2,75 Prozent.

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