Fleischskandal: Carna Grischa entlässt den Sündenbock

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FleischskandalCarna Grischa entlässt den Sündenbock

Carna Grischa versucht den Turnaround: Ein Krisenmanager soll den ramponierten Ruf retten, eine Finanzspritze den Vertrieb sichern und die Arbeitsplätze erhalten.

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Am 23. April wurde bekannt, dass Carna Grischa sich in der Nachlassstundung befindet.

Am 23. April wurde bekannt, dass Carna Grischa sich in der Nachlassstundung befindet.

Keystone/Gian Ehrenzeller
Martin Niederberger ist der neue Manager der Carna Grischa. Er soll den Fleischhändler nach dem Skandal wieder auf Kurs bringen.

Martin Niederberger ist der neue Manager der Carna Grischa. Er soll den Fleischhändler nach dem Skandal wieder auf Kurs bringen.

Ettore Weilenmann, der Präsident des Verwaltungsrates des Fleischhändlers Carna Grischa, nahm am 26. November vor den Medien Stellung. Er entschuldigte sich für die falsch deklarierte Ware, sprach jedoch von Einzelfällen.

Ettore Weilenmann, der Präsident des Verwaltungsrates des Fleischhändlers Carna Grischa, nahm am 26. November vor den Medien Stellung. Er entschuldigte sich für die falsch deklarierte Ware, sprach jedoch von Einzelfällen.

Keystone/Gian Ehrenzeller

Der Verwaltungsrat der Carna Grischa AG hat Martin Niederberger zum interimistischen CEO ernannt. Niederberger leitete im Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen BDO den Bereich Restrukturierungen Schweiz und hat grosse Erfahrung in der Unterstützung von KMUs in Krisensituationen, wie das Beratungsbüro Die Konsulenten mitteilt. Der bisherige CEO, Xaver Dietrich, verlässt das Unternehmen im gegenseitigen Einvernehmen.

Verwaltungsratspräsident Ettore Weilenmann erklärt: «Mit Martin Niederberger ist es uns gelungen, eine ausgewiesene Führungskraft mit grosser Turnaround-Erfahrung zu engagieren, die die notwendigen Massnahmen implementiert, um die Corporate Governance zu verbessern und das Unternehmen langfristig und erfolgreich zu entwickeln.»

Aus Fehlern gelernt

Niederberger habe Carna Grischa in den letzten Wochen analysiert und zusammen mit dem Verwaltungsrat zwei Massnahmenpakete geschnürt, die die Existenz des Unternehmens langfristig sichern sollen.

Erstens wurde der Qualitätsprozess überprüft und die letztes Jahr bekannt gewordenen Mängel eliminiert. Gegen die zum Teil mangelnde Sorgfalt einzelner Mitarbeiter sollen mehr Kontrollmechanismen eingeführt werden. Bei der Eingangskontrolle wurden der Ablaufprozess und die Software angepasst. «Wir können heute sicherstellen, dass der Kunde die Produkte in der Qualität erhält, die er bestellt», erklärt Niederberger.

Zweitens wurde nach dem Umsatzrückgang in den letzten Wochen ein Massnahmenpaket zur finanziellen Sicherung des Unternehmens ergriffen, zu dem alle Beteiligten einen Beitrag leisten: Bisher haben die Aktionäre das Eigenkapital erhöht. Die Banken haben nach dem Verzicht auf Forderungen langfristige Finanzierungszusagen gemacht. In nächster Zeit wird auch das Gespräch mit den Lieferanten über ihren Beitrag zur langfristigen Sicherung der 40 Arbeitsplätze gesucht.

Finanzierung sichergestellt

«Wir sind überzeugt, dass wir mit diesen Massnahmen zeigen können, dass wir für die Kunden und Lieferanten ein verlässlicher Partner sind», erklärt Niederberger. Verwaltungsratspräsident Weilenmann ergänzt: «Wir haben unsere Lehren aus den Fehlern gezogen und die Mängel behoben. Wir haben die Qualitäts- und Kontrollprozesse verbessert, die Führung professionalisiert und die langfristige Finanzierung sichergestellt.»

Happige Vorwürfe

Ende November wurde bekannt, dass der Bündner Fleischhändler Carna Grischa ungarisches Poulet als schweizerisches verkauft, Pferde- statt Rindfleisch geliefert, Gefrier- als Frischprodukte deklariert und Verfallsdaten manipuliert haben soll. Durch die Falschdeklaration konnte das Unternehmen somit nicht nur mehr, sondern auch günstiges Fleisch zu einem teureren Preis verkaufen. Carna Grischa räumte daraufhin ein, dass ein Teil der Vorwürfe zutreffe. Die meisten Fehler lägen «fast ausschliesslich einige Jahre zurück». Die Fehlerquote liege bei zwei Promille. Täglich würden in Landquart im Schnitt 600 Rüstscheine und 350 Lieferscheine verarbeitet. Daraufhin ermittelte die Staatsanwaltschaft. Der Fall beschäftigte auch das Parlament. Bundesrat Alain Berset wurde aufgerufen, Kontrollmassnahmen zu ergreifen sowie eine striktere Deklarationspflicht zu erteilen.

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