DeutschlandCDU-Politiker Koch legt Ämter nieder
Der hessische Ministerpräsident Roland Koch hat überraschend seinen vollständigen Rückzug aus der deutschen Politik angekündigt. Damit verlässt ein stark polarisierender Politiker der CDU die Bühne - aber auch ein grosser Widersacher von Kanzlerin Angela Merkel.

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch.
Er gebe sein Amt aus einem souveränen eigenen Entscheid heraus auf, begründete Koch am Dienstag in Wiesbaden seinen Abschied aus der Politik. Er gehe nicht in Unfrieden oder Streit, auch gesundheitliche Gründe spielten keine Rolle. Vielmehr wolle er sich einem neuen Lebensabschnitt widmen.
Der 52-Jährige, der immer wieder für hohe politische Ämter im Gespräch war, will auf einen Schlag all seine politischen Funktionen abgeben: Ende August das Amt als Regierungschef, im Juni jenes des hessischen CDU-Chefs, im November jenes als CDU-Bundesvorsitzender.
Koch betonte, er habe sich den Zeitpunkt sehr genau ausgesucht. Seine Familie und CDU-Chefin Merkel wüssten seit über einem Jahr von seinem Entschluss. Er habe in den vergangenen Jahren eine «langfristige bürgerliche Mehrheit» in Hessen erreichen wollen, «und die ist jetzt stabil». Der ehrgeizige Politiker ist seit elf Jahren Regierungschef. Seit zwölf Jahren steht er der hessischen CDU vor.
Kein «Pensionärsdasein»
Inmitten der Debatte über den Kurs und das Profil der Union geht damit eine Führungsfigur von Bord, die vor allem den konservativen Flügel bediente. Dabei bildete Koch nicht selten einen Gegenpart zu Merkel, die eine breite Öffnung der Partei anstrebt und bei Entscheiden eher zaudernd auftritt.
Unlängst hatte er bei Parteifreunden in Berlin Empörung mit der Forderung ausgelöst, angesichts der desolaten Haushaltslage bei der Bildung und dem Ausbau der Kinderbetreuung zu sparen. Merkel hatte ihrem Parteivize hierbei offen widersprochen.
Koch kündigte an, er werde sich «nicht ins Pensionärsdasein» absetzen. Vielmehr wolle er sich «im Bereich von Wirtschaft und unternehmerischen Entscheiden betätigen», wo er sich als selbstständiger Anwalt gut auskenne. Doch auch politisch wolle er sich weiter von der Seitenlinie aus zu Wort melden.
«System Koch gescheitert»
Merkel bedauerte den Entscheid Kochs. «Ich habe den Rückzug mit Respekt, aber auch grossem Bedauern zur Kenntnis genommen», hiess es in einer Erklärung. Sie würdigte Koch darin als einen «guten, freundschaftlichen Ratgeber» und kündigte an, «auch in Zukunft fest auf seinen Rat» zu bauen.
Die hessische SPD kritisierte Kochs Rücktritt als politischen Offenbarungseid und Rückzug aus der Verantwortung. Die vergangenen Wochen hätten gezeigt, dass die CDU keine Ideen und keine Kraft zur Bewältigung der Krise habe. Koch bescheinigten die Sozialdemokraten eine «lustlose und ambitionslose Amtsführung». Die Grünen erklärten das «System Koch» für gescheitert, die Regierung befinde sich in Auflösung.
Bei der Landtagswahl 2008 musste die CDU in Hessen Verluste von zwölf Prozent hinnehmen und lag nur noch knapp vor der SPD. Da die SPD eine Minderheitsregierung unter Duldung der Linkspartei anstrebte, stand Kochs Zukunft monatelang auf der Kippe.
Der CDU-Landeschef geriet vor allem wegen seiner Wahlkampfstrategie in die Kritik, in der er unter anderem mehr Härte gegen jugendliche Straftäter gefordert hatte. Im Januar 2009 kam es zu Neuwahlen, bei der sich eine schwarz-gelbe Mehrheit durchsetzte.
Nachfolger steht bereit
Nachfolger Kochs als CDU-Landesvorsitzender soll Hessens Innenminister Volker Bouffier werden. Der Landesvorstand und die Kreisvorsitzenden sprachen sich am Dienstagabend einstimmig für die Wahl des 58-Jährigen aus.
Sie empfahlen zugleich der Landtagsfraktion, Bouffier auch für das Amt des Ministerpräsidenten vorzuschlagen. Bouffier gilt als enger Vertrauter Kochs und gehört dessen Regierung seit 1999 an.
(sda)