Nach Leben im KäfigChihuahuas gerettet – «es ging um Leben und Tod»
Eine Hundeexpertin schildert einen schlimmen Fall von Tierquälerei. Schuld daran sei der allgemeine Umgang mit Chihuahuas in der Gesellschaft.
- von
- ced
«Sie sind aus der Hölle befreit worden.» So beschreibt die Hundebuch-Autorin Tibbi Bracher das Schicksal zweier Chihuahuas. Diese seien von ihrer Besitzerin, einer Züchterin aus dem Raum Aarau AG, in einem zwei Quadratmeter grossen Käfig gehalten und nicht richtig versorgt worden. Nur dank dem beherzten Eingreifen zweier Privatpersonen habe Schlimmeres verhindert werden können. «Es ging um Leben und Tod», so die Gründerin der Chihuahua-Academy.
«Die Hündchen waren in einem erbärmlichen Zustand, nur noch Haut und Knochen. Einem war der Unterkiefer abgefault, da seine Zähne nie behandelt worden waren. Der andere Chihuahua musste aufgrund einer akuten Gebärmutterentzündung notoperiert werden», erzählt Bracher. Zudem habe das Leben im «Hamsterkäfig» zu sichtbaren Verhaltensstörungen geführt: «Den beiden fehlen die Muskeln, die eigentlich für die Fortbewegung benötigt würden. Sie können gar nicht anders, als den ganzen Tag an der gleichen Stelle zu sitzen.»
Müssen die Hunde zur Tierquälerin zurück?
Auf Anfrage bei der Tierarztpraxis, in der die Hunde behandelt wurden, heisst es, man dürfe über den Fall keine Auskunft geben. Das sei nur mit Einwilligung der Halterin möglich. Diese war für eine Stellungnahme nicht erreichbar und hat unterdessen die Homepage ihrer Hundezucht vom Netz genommen.
Da die fehlbare Züchterin laut Bracher keine Verzichtserklärung unterschrieben habe, sei sie immer noch die rechtmässige Besitzerin der Chihuahuas. «Ich habe den Fall am Freitag dem Veterinäramt geschildert. Weil aber weder eine Verzichtserklärung noch Fotos vom Tag der Beschlagnahmung vorliegen, besteht keine Interventionsmöglichkeit.» Nur wenn es zu einer Anzeige komme, könne eine Klärung des Falles angeordnet werden. «Da ich aber nicht direkt in die Befreiungsaktion involviert war, sind mir die Hände gebunden», klagt Bracher.
«Chihuahuas gehören nicht ins Täschchen»
Für Bracher sind Fälle wie dieser auf den gesellschaftlichen Stellenwert der kleinen Hunde zurückzuführen: «Chihuahuas sind zu Modehunden geworden. Wenn man sie sieht, denkt man an Promis und Hollywood. Leute kaufen Chihuahuas für ihre 4-jährigen Töchter oder aus Bequemlichkeit – das Gerücht, dass die Hündchen keinen Auslauf brauchen, existiert leider immer noch.»
Hinzu komme, dass das Geschäft mit den Mini-Vierbeinern sehr lukrativ sei. Das führt laut der Hundeexpertin dazu, dass es vielen Chihuahua-Züchtern nur um den schnellen Profit und nicht um das Wohlergehen der Tiere gehe.
«Eigentlich ist der Chihuahua ein Hund wie jeder andere. Man muss ihn normal halten und mit ihm ins Freie. Auch eine Bergtour liegt zum Beispiel einmal drin», erklärt Bracher. Es sei ein Fehler, die Vierbeiner aufgrund ihrer Körpergrösse anders zu behandeln. «Chihuahuas sind weder ‹Taschenhunde› noch Modeaccessoires. Es ist langsam, aber sicher an der Zeit, sich von dieser Sichtweise abzuwenden.»