Friedensnobelpreis: China schiebt Frau des Preisträgers ab

Aktualisiert

FriedensnobelpreisChina schiebt Frau des Preisträgers ab

Nach der Verleihung des Friedensnobelpreises an den chinesischen Dissidenten Liu Xiaobo sorgen sich Menschenrechtsaktivisten um seine Ehefrau. Womöglich wurde Liu Xia in die Stadt Jinzhou im Nordosten Chinas gebracht, wo ihr Mann in Haft sitzt.

Liu Xia, die Frau des Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo (am 4. Oktober in Peking).

Liu Xia, die Frau des Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo (am 4. Oktober in Peking).

Der Anwalt von Liu Xiaobo hatte am Samstag keinen Kontakt mehr zu der Ehefrau. Er befürchte, sie sei von der Polizei abgeholt worden. «Sie ist verschwunden», sagte Anwalt Shang Baojun: «Wir machen uns Sorgen um sie.» Auch ihr Mutter und westliche Journalisten versuchten vergeblich, Liu Xia auf ihrem Handy zu erreichen.

Der Dissident Wang Jinbo sagte unter Berufung auf ihren Schwager, dass Liu Xia «in Begleitung der Polizei» zum Gefängnis in Jinzhou - etwa 500 Kilometer von Peking entfernt - unterwegs sei. Laut einer Hongkonger Menschenrechtsorganisation traf sie mittlerweile dort ein und sollte am Sonntag ihren Mann besuchen können.

Der Bürgerrechtler Liu Xiaobo verbüsst in dem Gefängnis in der Provinz Liaoning eine elfjährige Haftstrafe wegen Untergrabung der Staatsgewalt.

Staatssicherheit versucht Liu zu isolieren

Liu Xia selbst hatte zuletzt am Freitagabend dem US-Sender Radio «Free Asia» gesagt, die Polizei warte, dass sie ihre Sachen zusammenpacke. Die Beamten hätten ihr gesagt, das sie ihren Mann sehen könne. Sie befürchte aber, dass sie ausserhalb der Hauptstadt unter Hausarrest gestellt werden könnte.

Sie habe sich bereits am Donnerstag gegen Versuche der Polizei gewehrt, sie zu einer Reise nach Jinzhou zu überreden, schrieb Liu Xia im Internet-Kurznachrichtendienst Twitter.

Stattdessen wollte sie erst eine Pressekonferenz abhalten und die Bedingungen eines Gefängnisbesuchs aushandeln. Nach der Verkündung des Friedensnobelpreises für Liu Xiaobo hatten sich am Freitag rund 100 Anhänger vor der Wohnung der Ehefrau in Peking versammelt. Dutzenden Polizisten hinderten Liu Xia aber am Verlassen des Hauses.

Scharfe Repression Pekings

Das norwegische Nobelkomitee in Oslo hatte ihren 54-Jährigen Ehemann am Freitag für «seinen langen und gewaltlosen Kampf für fundamentale Menschenrechte» ausgezeichnet. Die Führung in Peking reagierte mit aller Schärfe auf den Entscheid. Liu Xiaobo sei «ein Krimineller». Die Vergabe «an solche Leute» sei «eine Schmähung» des Nobelpreises, hiess es in Peking.

Die Regierung liess Dutzende Dissidenten festnehmen. In Peking und anderen Städten wurden am Freitagabend bei Feiern anlässlich der Auszeichnung des inhaftierten Dissidenten mindestens 20 Aktivisten festgenommen. Mehrere weitere berichteten am Samstag, sie seien in Gewahrsam genommen oder unter Hausarrest gestellt worden.

«Arroganter Westen»

Die chinesische Regierung äusserte sich am Samstag nicht zu der Auszeichnung für Liu Xiaobo. In einem Kommentar der staatlichen Zeitung «Global Times» hiess es auf Englisch, mit der Verleihung des Friedensnobelpreises solle China verärgert werden.

Dies werde jedoch keinen Erfolg haben, «im Gegenteil, das Komitee hat sich blamiert». In der chinesischen Ausgabe der Zeitung wurde die Verleihung als «arrogantes Anschauungsprojekt westlicher Ideologie» bezeichnet. Ein chinesischer Karikaturist veröffentlichte aber in seinem Blog am Freitag die Zeichnung einer Nobelpreismedaille hinter Gittern.

(sda)

Gratulation aus Taiwan

Der taiwanische Präsident Ma Ying-jeou hat dem inhaftierten chinesische Bürgerrechtler Liu Xiaobo zum Friedensnobelpreis gratuliert. Ma rief die Regierung in Peking am Freitag auf, die Lage der Menschenrechte zu verbessern. Die Freilassung Lius verlangte er aber nicht, offenbar um die Beziehungen zu Peking nicht zu arg zu belasten.

(sda)

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