Luxusgüter: Chinas Millionäre reissen sich um Schweizer Uhren

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LuxusgüterChinas Millionäre reissen sich um Schweizer Uhren

Eine wachsende Oberschicht und die steigende Nachfrage nach Luxusgütern machen China zum neuen Eldorado für die Schweizer Uhrenindustrie.

Anne Césard
SDA
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Luxusuhren stehen ganz zuoberst auf der Wunschliste chinesischer Millionäre.

Luxusuhren stehen ganz zuoberst auf der Wunschliste chinesischer Millionäre.

«Asiatischer Traum» lautete das Motto der 15. Ausgabe des internationalen Tags der Uhrenvermarktung, zu der sich vergangene Woche rund 250 Fachleute in La Chaux-de-Fonds versammelten. Klar im Zentrum des Interesses stand China.

«Die asiatischen Kunden haben sehr hohe Qualitätsansprüche», erklärt der Neuenburger Regierungsrat Thierry Grosjean. «Das ist eine einzigartige Chance für die Schweizer Uhrenindustrie.»

Chinesen ist Frankenstärke egal

Ein Blick auf die neusten Zahlen des Verbands der Schweizerischen Uhrenindustrie (FH) bestätigt diese Einschätzung. Im Zeitraum von Januar bis September stiegen die Absätze in der Volksrepublik China trotz der Frankenstärke um 48 Prozent an, in Hong Kong immerhin um 29 Prozent. Die beiden Märkte vereinigen fast 30 Prozent der Exporte der Schweizer Uhrenindustrie auf sich.

Die Fertigungen aus der Eidgenossenschaft geniessen in der chinesischen Oberklasse einen exzellenten Ruf. Laut dem jüngsten Huan China Wealth Report stehen Luxusuhren ganz zuoberst auf der Wunschliste chinesischer Millionäre. Die begehrtesten Marken sind Patek Philippe und Vacheron Constantin.

Allerdings stellt der boomende chinesische Markt die Schweizer Uhrenhersteller auch vor Herausforderungen, wie mehrere Händler betonen. «Der Markt ist komplex. Um Erfolg zu haben, sind grosse Anstrengungen in den Bereichen Marketing und Kommunikation nötig», sagt Michele Sofisti, Chef von Gucci Uhren sowie der Sowind Gruppe.

Der chinesische Millionär - ein unbekanntes Wesen

Tatsächlich unterscheiden sich das Profil und die Ansprüche chinesischer Kunden grundsätzlich von jenen der Europäer. Daran müssen sich die Anbieter bei der Erarbeitung ihrer Strategie ausrichten.

«20 Prozent des Weltmarkts für Luxusgüter entfallen auf China. Das Land zählt etwa eine Million Dollarmillionäre. Aber die Industrie weiss kaum etwas über diese Reichen», sagt der Sinologe und Geograf Guillaume Giroir von der Universität Orléans.

Den typischen chinesischen Kunden gibt es nicht. Trotzdem lassen sich gewisse Charakteristika identifizieren. Im Vergleich mit ihren europäischen Gegenstücken sind die chinesischen Millionäre im Schnitt deutlich jünger. Der soziale Status hat bei ihren Kaufüberlegungen einen höheren Stellenwert. Auch der hedonistische Aspekt spielt eine wichtige Rolle, wie mehrere Aussteller bestätigen.

Eine Uhr für den Geschäftspartner...

Chinesen kaufen aber nicht nur für sich selbst, sondern auch, um Anderen eine Freude zu machen. Geschenke machen einen bedeutenden Teil ihrer Einkäufe aus. Sie dienen vor allem der Pflege von Geschäftsbeziehungen.

Mit der Expansion von Unternehmen habe sich diese Tendenz noch verstärkt, sagt Alvin Lye, Miteigentümer der singapurischen Azimuth Watch, die ihre Uhren in der Schweiz herstellt.

...und die Geliebte

«Nicht zu vergessen sind die Geliebten reicher chinesischer Geschäftsmänner, die für einen bedeutenden Teil der Luxusgüterausgaben verantwortlich zeichnen», betont Philippe Laurant, Sinologe und Professor an der Business School Lausanne.

Das Profil der reichen Kunden aus der Volksrepublik ist allerdings nicht ohne Widersprüche. So gibt es in der chinesischen Gesellschaft auch eine gewisse Aversion dem Luxus gegenüber, die in konfuzianischen und maoistischen Einflüssen begründet ist, wie Guillaume Giroir unterstreicht. Erst im März dieses Jahres verbot die chinesische Regierung Werbung für Luxusgüter mit der Begründung, diese gefährde den sozialen Zusammenhalt.

Ein Jahreslohn für eine Uhr

Für die Uhrenindustrie sind aber nicht nur die chinesischen Millionäre als Kunden interessant. Auch die Zahl einfacher Angestellter nimmt rapide zu, wodurch sich für Uhrenhersteller neue Absatzchancen bieten. «Man muss nicht steinreich sein, um sich eine Schweizer Uhr zu leisten», bemerkt Philippe Laurent.

«Wer in der Schweiz wäre im Übrigen bereit, das Zwölffache seines Monatseinkommens für eine Uhr auszugeben, wie das die Chinesen machen?», fragt er.

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