Konjunktur Chinas Notenbank zieht Zügel straffer
Chinas Notenbank hebt die Mindestreserveanforderungen für die Banken erneut an und entzieht dem Finanzsystem auf diese Weise Geld.
Die Kreditinstitute Chinas müssen 21,5 Prozent ihrer Einlagen bei der Notenbank hinterlegen, 0,5 Prozentpunkte mehr als zuvor und so viel wie noch nie. Das teilte die chinesische Zentralbank am Dienstag mitteilte.
Es ist bereits das sechste Mal in diesem Jahr, dass die Notenbank ihre Zügel straffer zieht. Chinas Zentralbank reagiert mit diesem Schritt auf die ungebremst steigenden Preise. Im Mai lag die Inflation bei 5,5 Prozent und damit so hoch wie seit 34 Monaten nicht mehr. Die überschüssige Liquidität in China gilt als eine der wichtigsten Treibkräfte der Inflation.
«Der Inflationsdruck bleibt hoch», sagte der Sprecher des Statistikamtes, Sheng Laiyun, am Dienstag in Peking. Das von der Regierung der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt angestrebte Inflationsziel von vier Prozent rückt damit in weite Ferne.
Massiv gestiegene Lebensmittelpreise
Grösster Preistreiber waren im Mai Lebensmittel, die sich verglichen mit dem Vorjahr durchschnittlich um 11,7 Prozent verteuerten. Allein die Schweinefleisch-Preise stiegen um 40 Prozent.
Aus Furcht vor Unruhen hat die Regierung bereits 2010 Preiskontrollen eingeführt und das Horten von Lebensmitteln untersagt. Auch viele Rohstoffe wurden deutlich teurer. Experten zufolge trifft aber auch die Regierung eine Mitschuld an den kräftig steigenden Preisen, weil sie während der Finanzkrise Hunderte Milliarden in die Wirtschaft pumpte, um einen Abschwung zu verhindern.
Die Zentralbank versucht nun, einen Teil dieses Geldes wieder einzusammeln. Dadurch werden Kredite für Konsum und Investitionen teurer, was die Nachfrage und damit auch den Preisanstieg dämpfen kann.
Sorge wegen möglicher Konjunkturabkühlung
An den Finanzmärkten nimmt deshalb die Sorge vor einer Abkühlung der chinesischen Wirtschaft zu, die das weltweite Wachstum dämpfen könnte - zumal mit Indien, Brasilien und Russland drei weitere Motoren des globalen Aufschwungs ihre Zinsen in den vergangenen Monaten angehoben haben.
In den kommenden Monaten dürfte die Inflation hoch bleiben. Die Erzeuger von Nahrungsmitteln, Energie und anderen gewerblichen Produkten schraubten ihre Preise im Mai um durchschnittlich 6,8 Prozent hoch. Die Erzeugerpreise geben einen frühen Hinweis auf die Entwicklung der Lebenshaltungskosten, weil der Handel höhere Kosten zumindest teilweise an seine Kunden weitergibt. Experten der Denkfabrik Chinese Acadamy of Social Sciences rechnen im Juni mit einer Inflationsrate von mehr als sechs Prozent. (sda)