Letzte Ruhe gestörtChinesisches Grab blockiert Grossbaustelle
Bis im nächsten April sollen hier zwei neue Hochhäuser stehen. Doch ein Verstorbener könnte die Pläne durchkreuzen. Beziehungsweise seine Nachkommen.
- von
- kmo
Die letzte Ruhe eines Chinesen in der Stadt Taiyuan wird zurzeit empfindlich gestört. An der Stelle des Grabes sollen zwei Hochhäuser entstehen. Die Bauarbeiten sind bereits weit fortgeschritten, eines der beiden neuen Hochhäuser ragt schon ziemlich in die Höhe. Und auch das zweite könnte hochgezogen werden, wenn da nicht dieses Grab wäre. Dieses steht mittlerweile auf einem rund zehn Meter hohen Hügel, die Erde rundherum wurde bereits abgetragen. So berichtete heute die News-Site German.China.org.
Je nach Quelle soll die Bauherrschaft den Nachkommen zwischen umgerechnet 100'000 bis 150'000 Franken als Entschädigung angeboten haben. Doch diese haben vorerst abgelehnt. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters wollen sie erst mal ein glücksbringendes Datum abwarten, um das Grab zu versetzen.
Der Tod ist nur ein tiefer Schlaf
Dazu muss man wissen, dass die Ahnenverehrung ein wichtiger Bestandteil der chinesischen Kultur ist. So wird der Tod hier als spezieller Schlaf angesehen, aus dem ein Verstorbener jederzeit wieder aufwachen kann. Es lohnt sich also, dessen Ruhe nicht zu stören und seine Seele gütig zu stimmen. Dazu gehört auch die Grabpflege. Denn das Grab enthält nicht nur die sterblichen Überreste eines Menschen, sondern auch dessen Würde. Und nicht zuletzt gehört eine Grabstätte in China nicht dem Staat, sondern den nächsten Nachfahren des Verstorbenen.
Ein Grab zu versetzen, ist im Reich der Mitte also eine besonders delikate Angelegenheit. Trotzdem sorgte die Verlegung oder gar Zerstörung von Friedhöfen in den letzten Wochen regelmässig für Schlagzeilen. Rund 450 Kilometer südlich von Taiyuan wurden Millionen von Gräbern zerstört. Laut dem Newsportal Worldcrunch.com wollen die Behörden den Boden landwirtschaftlich nutzen.
Wie die Geschichte um das Grab auf der Baustelle von Taiyuan weitergeht, ist zurzeit noch offen. Es ist aber damit zu rechnen, dass ihm dasselbe Schicksal droht wie den sogenannten Nagelhäusern – den Privatgebäuden, die einem grösseren Bauprojekt im Weg stehen. Mit anderen Worten: Die Bauherren werden sich wohl durchsetzen und das Grab – im besten Fall – verlegen.