Nach Gastro-AufstandCorona-Frust erfasst weitere Branchen
«Die Frustration wächst»: Nicht nur in der Gastro-Szene brodelt es wegen der Corona-Politik. Die Kultur macht Druck auf Berset, die Fitnessbranche klagt gar.
- von
- Pascal Michel
- Daniel Krähenbühl
Darum gehts
Gastronomen protestierten gegen die Corona-Massnahmen.
Andere Branchen solidarisieren sich.
Auch sie versuchen, auf ihre Situation aufmerksam zu machen.
Der Bundesratssprecher sagt: Man sei sich bewusst, dass die Situation schwierig sei.
«Wir machen auf»: Mit dieser Protestaktion machten am Montag schweizweit Beizer Stimmung gegen die Corona-Massnahmen. Die Polizei griff ein, der Verband Gastrosuisse distanzierte sich von der Aktion.
Die Motivationen der Wirte waren vielfältig: Während die Gruppe auf ihrer Webseite sich gegen die «Panik-Medien» wehrte und die Gefährlichkeit des Virus infrage stellte, waren auch Beizer dabei, die schlicht auf ihre wirtschaftliche Situation aufmerksam machen wollten.
Die Protestaktion wirkt auch in anderen Branchen, die stark von den Corona-Massnahmen betroffen sind, nach. Auch sie versuchen, sich Gehör zu verschaffen.
Kultur
Sandra Künzi von der Taskforce Culture sagt: «Bisher unterstützen die meisten Veranstaltenden und Kulturschaffenden die gesundheitspolitischen Massnahmen. Von Protest-Aktionen mit wilden Öffnungen im Kultursektor haben wir bisher noch nichts gehört», sagt sie zu 20 Minuten. Sie spüre aber, dass innerhalb der Branche die Frustration wachse. Es sei deshalb so wichtig, dass der Bundesrat seine Salamitaktik mit neuen Massnahmen alle paar Wochen stoppe, sagt sie. «Wir brauchen eine langfristige Perspektive, damit wir nicht verzweifeln.»
Das heisst: Der Bund soll konkrete Szenarien vorlegen, wie Kulturangebote in absehbarer Zeit mit strengen Schutzkonzepten wieder möglich sind. «Die Kultur liegt im künstlichen Koma. Manchmal bekomme ich Angst, dass man sich daran gewöhnt. Das können wir nicht hinnehmen – wir müssen in irgendeiner Form bald wieder Kultur erleben und schaffen können: Theater, Zirkus, Konzerte, Chorproben!» Um dies zu ermöglichen, sei es besser, jetzt in einen konsequenten Lockdown zu gehen, um dann im Frühling wieder öffnen zu können.
In den kommenden Wochen trifft die Taskforce Culture deshalb Bundesrat Berset zum Gespräch. Man stehe auch in Kontakt mit der wissenschaftlichen Taskforce, um die naheliegendsten Szenarien aus wissenschaftlicher Sicht zu erhalten. «Gestützt darauf wollen wir Wiederaufnahme-Konzepte erarbeiten, um Live-Kultur bald wieder möglich zu machen», sagt Künzi. Ausserdem müsse der Kultursektor für das andauernde Arbeitsverbot rascher und wirksam entschädigt werden.
Fitness
Auch Roland Steiner, Vizepräsident beim Schweizerischen Fitness- und Gesundheits-Center Verband SFGV, zeigt Verständnis. Auch er würde am liebsten den Betrieb aufmachen. Als Verband verfolge man jedoch den juristischen Weg, um dem Ärger über die Zwangsschliessungen Luft zu verschaffen. «Wir konzentrieren uns darauf, den rechtlichen und politischen Weg auszuschöpfen und bereiten jetzt eine Klage gegen den Bund vor. Wir werden gegen den Bund klagen, weil die Schliessungen klar eine materielle Enteignung darstellt», sagt Steiner. Man poche auf die Bezahlung der Fixkosten. «Die Erfolgsaussichten sind wohl bescheiden, aber es geht darum, ein Zeichen zu setzten.»
Eventbranche
Adrian Erni, der als Mediensprecher des Expo-Events-Verbandes die Event- und Schaustellerbranche vertritt, hat persönlich Verständnis für die Verzweiflung der Gastronomen. Auch seine Branche brenne «lichterloh», sagt er zu 20 Minuten. Im Sommer versuchte seine Branche, auch mit einer Aktion (Night of Light) auf sich aufmerksam zu machen. Dazu wurden Event-Locations und Spielstätten sowie ausgewählte Gebäude und Bauwerke rot beleuchtet.
In der Eventbranche könnten die Angestellten seit zehn Monaten nicht mehr arbeiten. «Und die Härtefallgelder fliessen viel zu langsam – da muss der Bundesrat am Mittwoch über die Bücher.» Erni hofft, dass der Bund schweizweit definiert, dass alle Betriebe, die von Schliessungen betroffen sind, Gelder erhalten, unabhängig der Höhe des Umsatzeinbruchs.
Problematisch sei, dass die langsame kantonale Bürokratie, sagt Erni. «Da müsste es tatsächlich Proteste bei den kantonalen Behörden geben, um Druck zu machen – aber natürlich mit legalen Mitteln.» Denn es stünden tausende Existenzen auf dem Spiel. Erni hofft, dass der Bundesrat jetzt realisiert habe, was auf dem Spiel stehe.
Das sagt der Bundesrat
Sprecher André Simonazzi: «Der Bundesrat geht davon aus, dass gesetzliche Vorgaben respektiert werden und dass die zuständigen Behörden sonst einschreiten. Der Bundesrat ist sich auch immer bewusst, dass diese Situation schwierig ist und hat aus diesem Grund in Zusammenarbeit mit den Kantonen verschiedene Hilfsmassnahmen entwickelt und entschieden. Diese wurden laufend an den Bedürfnissen angepasst.»
Hast du oder jemand, den du kennst, Mühe mit der Coronazeit?
Hier findest du Hilfe:
BAG-Infoline Coronavirus, Tel. 058 463 00 00
Dureschnufe.ch, Plattform für psychische Gesundheit rund um Corona
Branchenhilfe.ch, Ratgeber für betroffene Wirtschaftszweige
Hotline bei Angststörungen und Panik, 0848 801 109
Pro Juventute, Tel. 147
Dargebotene Hand, Tel. 143
Seligi
13.01.2021, 21:40
Es ist nicht 'Herr Berset'.. Es ist der Bundesrat, und der grösste Teil der Verantwortung liegt bei jedem einzelnen.
Seligi
13.01.2021, 21:40
Es ist nicht 'Herr Berset'.. Es ist der Bundesrat, und der grösste Teil der Verantwortung liegt bei jedem einzelnen.
Beobachter1
13.01.2021, 14:20
Bei Kultur und Fitnesscenter muss festgestellt werden das beides nicht überlebenswichtig ist. Also kann für Ausfälle bei Pandemien keine Entschädigung ausbezahlt werden. Das gleiche gilt für Musiker, Kunstmaler etc.