Neue Corona-Varianten – sieben Fragen und Antworten

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CoronaNeue Corona-Varianten – sieben Fragen und Antworten

Wie sind die neuen Varianten zu werten und ist Corona jetzt eine normale Krankheit geworden? Experten geben Antworten.

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Eine flächendeckende Impfung gibt es diesmal nicht. Der Bund empfiehlt sie lediglich in einer einmaligen Dosis für über 65-Jährige sowie Personen mit Vorerkrankungen.

Eine flächendeckende Impfung gibt es diesmal nicht. Der Bund empfiehlt sie lediglich in einer einmaligen Dosis für über 65-Jährige sowie Personen mit Vorerkrankungen.

Reuters
Massnahmen wie Abstandhalten, Maskenpflicht oder Zertifikat sind derzeit kein Thema und gemäss Infektiologe Christoph Berger auch nicht nötig.

Massnahmen wie Abstandhalten, Maskenpflicht oder Zertifikat sind derzeit kein Thema und gemäss Infektiologe Christoph Berger auch nicht nötig.

20min/Matthias Spicher
Vor zwei Jahren brauchte man noch Impfung und Zertifikat, um am öffentlichen Leben teilnehmen zu können. Heute wäre man zurückhaltender mit solchen Massnahmen, sagt Mitte-Ständerat Erich Ettlin, Präsident der Gesundheitskommission.

Vor zwei Jahren brauchte man noch Impfung und Zertifikat, um am öffentlichen Leben teilnehmen zu können. Heute wäre man zurückhaltender mit solchen Massnahmen, sagt Mitte-Ständerat Erich Ettlin, Präsident der Gesundheitskommission.

Tamedia

Darum gehts

  • Zwei neue Covid-Varianten kursieren, eine ist unter erhöhter Beobachtung.

  • Bis jetzt deutet nichts darauf hin, dass die Varianten gefährlicher sind als andere.

  • Corona sei gewissermassen eine Krankheit wie die saisonale Grippe geworden, sagen Infektiologen.

Die Lage habe sich gegenüber den Pandemiejahren 2020 und 2021 deutlich verändert, schreibt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) in einer Mitteilung vom Montag. Das Erkrankungsrisiko sei gering – ausser bei über 65-Jährigen, Personen mit Vorerkrankungen oder solchen mit Trisomie 21. Für den Winter rechnet das BAG mit einem Anstieg der Covid-Infektionen. Zwei neue Varianten haben die Gesundheitsbehörden auf dem Radar. Gefährlich sind sie nach bisherigen Erkenntnissen nicht. In Israel wurden wegen einer der Varianten Eintritts-Tests in Spitälern eingeführt.

Sind die neuen Varianten Eris und Pirola gefährlich?

Bis jetzt gibt es keine Anzeichen dafür. Die Eris-Variante (EG.5) taucht seit Februar in den USA und Europa immer wieder auf. Pirola (BA.2.86) tauchte im Juli in Dänemark auf, danach in weiteren Ländern. Im August wurde in der Schweiz der erste Fall nachgewiesen. Pirola breitet sich schneller aus als Eris und ist bei den Gesundheitsbehörden unter erhöhter Beobachtung. Virologe Andreas Cerny rechnet mit einem milderen Corona-Winter als in den vergangenen Jahren.

Soll man sich jetzt wieder impfen lassen?

Eine generelle Impfempfehlung gibt es nicht. Das BAG und die Eidgenössische Impfkommission (Ekif) empfehlen nur besonders gefährdeten Personen für den Winter eine einzelne Impfdosis. Als besonders gefährdet gelten alle über 65-Jährigen, Personen ab 16 mit Vorerkrankungen oder mit Trisomie 21 sowie Schwangere mit Vorerkrankungen oder mit Impf-Empfehlung von der behandelnden Ärztin. Alle anderen dürfen sich auf eigene Kosten ebenfalls impfen lassen. Die Impfung schützt nicht vor einer Infektion, aber vor einem schweren Verlauf.

Drohen wieder Massnahmen?

Massnahmen wie Abstandhalten, Test- oder Maskenpflicht seien derzeit in der Schweiz kein Thema, es brauche sie nicht, sagt Christoph Berger, Leiter der Impfkommission und Infektiologe am Universitäts-Kinderspital Zürich. Anders in Israel. Nachdem in der letzten Woche im Schnitt täglich 136 Pirola-Fälle gemeldet wurden, einige davon schwer, müssen Neueintretende in Spitälern einen Test machen.

Laut Berger wäre es sinnvoll, wenn jeder für sich Vorsichtsmassnahmen anwendet. Wer ansteckend ist, soll entweder zu Hause bleiben, eine Maske tragen oder Abstand halten, um andere zu schützen. «Man sollte den gesunden Menschenverstand walten lassen. Wer stark hustet, muss nicht unbedingt die Grossmutter besuchen gehen.»

Wären Massnahmen überhaupt durchsetzbar?

Eric Ettlin (Mitte), Präsident der ständerätlichen Gesundheitskommission, glaubt, dass viel passieren muss, bis wieder Massnahmen verhängt würden. «Wenn es Versorgungsprobleme gäbe und die Spitäler Probleme bekämen, Patienten aufzunehmen, dann wäre das vielleicht ein Grund. Doch heute wäre man mit Massnahmen zurückhaltender als vor zwei oder drei Jahren», sagt der Obwaldner.

Ist Covid eine normale Krankheit geworden?

Gewissermassen schon, sagt Christoph Berger. Sie sei der saisonalen Grippe ähnlicher geworden. Ob Covid auch so saisonal auftrete wie die Grippe, werde sich weisen. «Nach zwei Jahren Pandemie sind die meisten geimpft und haben die Krankheit durchgemacht. Heute ist Covid eine ähnliche Infektion wie die Grippe, RSV oder ein anderes vergleichbares Virus.»

Epidemiologe Christian Althaus von der Universität Bern sagt: «So, wie es auch bei der Influenza oder anderen viralen Atemwegserkrankungen immer wieder zu neuen epidemischen Wellen kommt, so steigen auch die Covid-Infektionen immer wieder mal an, vorläufig vermutlich noch mehrmals pro Jahr und insbesondere im Herbst. Damit müssen wir uns arrangieren.» Die mediale Aufregung über jede neue Variante scheine ihm etwas übertrieben. Eher sollte man sich überlegen, wie die Auswirkungen viraler Atemwegserkrankungen langfristig zu minimieren, etwa mit einer Verbesserung der Luftqualität in Innenräumen.

Schwächt die mRNA-Impfung das Immunsystem?

Der St. Galler Infektiologe Pietro Vernazza sieht hier einen Zusammenhang. Es gebe mehr und mehr Evidenz dafür und sei unübersehbar, schreibt er auf «Inside Paradeplatz». Andere, von 20 Minuten angefragte Wissenschaftler sehen die von Vernazza zitierten Studien nicht als geeignet. (Die Hintergründe findest du im Faktencheck.)

Soll ich daheim bleiben, wenn ich Symptome habe oder tatsächlich Covid-positiv bin?

Wer krank sei, solle zu Hause bleiben, weil er dann auch nicht leistungsfähig sei, sagt Christoph Berger. Wer lediglich Halsschmerzen und Schnupfen habe, könne sich überlegen, ob er eine Maske tragen wolle, um Risikopersonen zu schützen, oder im Homeoffice bleiben, wenn das möglich sei. Risikopersonen könnten sich durch eine Impfung schützen und allenfalls eine Maske tragen oder grosse Menschenansammlungen meiden. 

Wären neuerliche Covid-Massnahmen durchsetzbar?

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