Falscher VerdachtCorona-Spione melden Polizei hunderte Gruppen
Über die Ostertage gingen diverse Meldungen über vermeintliche Corona-Verstösse bei der Polizei ein. Vor Ort konnte meist kein Problem festgestellt werden.
- von
- D. Brauchbar / D. Graf
Die Kantonspolizeien in Bern, Aargau, Zürich und St. Gallen rückten über die bisherigen Ostertage hunderte Male wegen vermeintlichen Corona-Verstössen aus. Alleine in St. Gallen sind zwischen Freitag- und Sonntagmorgen fast 150 Meldungen eingegangen. Auch die Kantonspolizei Zürich erhielt zwischen Donnerstagabend und Samstagmittag über 200 Meldungen, dass angeblich die Abstandsregeln oder die Höchstzahl von fünf Personen überschritten worden seien.
Bloss: Vor Ort haben die Polizeien in den seltensten Fällen auch tatsächlich Verstösse vorgefunden. «Bei den Überprüfungen der Hinweise hatten sich die Gruppierungen meist bereits wieder aufgelöst. Es mussten vereinzelt Personen weggewiesen werden, Bussen wurden keine ausgestellt», heisst es bei der Kapo Zürich.
Sobald die Polizei kommt, passt alles
In St. Gallen seien bei rund einem Viertel der Meldungen tatsächlich mehr als fünf Personen anwesend gewesen. «Die Leute sind sich der Problematik bewusst und formieren sich beim Eintreffen der Polizei schnell in coronakonforme Grössen», sagt Sprecher Krüsi. Die Polizisten suchten dann das Gespräch, welches in den allermeisten Fällen erfolgreich verlaufe. «Nur ganz wenige Uneinsichtige müssen gebüsst werden.» Auf privaten Grundstücken seien gar keine Bussen nötig gewesen.
«Gewisse rufen an, wenn sie einen Ball hören»
Die Anrufer sind laut Krüsi oft Wanderer oder Spaziergänger. Es kämen ungefähr gleich viele Meldungen von unterwegs wie von zu Hause: «Da sitzen die Menschen beispielsweise auf dem Balkon und rufen uns an, weil sie einen Ball auf dem Sportplatz hören und der Meinung sind, es werde dort Fussball gespielt.»
Auch im Aargau, wo laut Kapo-Sprecher Bernhard Graser ebenfall täglich «zahlreiche Meldungen zum Thema» eingehen, zeigt sich: «Nicht selten liegt bei der Überprüfung entgegen der Meldung kein Fehlverhalten vor.» Auch in Bern fand die Polizei beim Ausrücken die gemeldeten Gruppen oft nicht vor.
«Verstösse umgehend auf Nummer 117 melden»
Meist bleiben die Anrufe von besorgten Bürgern also ohne Folgen. Dennoch sagt Hirt von der Kapo Zürich: «Um auf Meldungen aus der Bevölkerung reagieren zu können, ist die Polizei darauf angewiesen, dass Meldungen zeitnah über die Telefonnummern 117 oder direkt an die nächste Polizeidienststelle weitergeleitet werden.» Die Polizei könne erst vor Ort entscheiden, ob eine Meldung gerechtfertigt gewesen sei, oder nicht.
In St. Gallen sieht man noch eine andere Möglichkeit: «Der Mehraufwand aufgrund der Meldungen ist beträchtlich. Wir würden es begrüssen, wenn etwas mehr Zivilcourage gezeigt würde und Personen, die sich nicht an die Vorschriften halten, auch durch Privatpersonen anständig und korrekt auf mögliche Verfehlungen aufmerksam gemacht würden», sagt Krüsi.