Bis zu 25 Prozent weniger Umsatz Coronakrise reisst Loch in Kassen der ÖV-Betreiber
Seit Beginn der Corona-Pandemie ist die Mobilität stark zurückgegangen. ÖV-Anbieter spüren nun das Loch in der Kasse – und es dürfte noch lange dauern , bis dieses wieder gestopft ist.
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Darum gehts
Die Schweizer Regionalverkehrsbetriebe leiden unter der Corona-Pandemie.
Einige Betreiber haben 2020 Umsatzeinbussen von bis zu einem Viertel verzeichnet.
Eine Rückkehr zur Normalität könnte noch Jahre dauern.
«Ein solcher Einbruch ist einmalig, das hatten wir überhaupt noch nie in der Vergangenheit», sagt Martin Osuna, Geschäftsführer des aargauischen Tarifverbunds A-Welle. Der Rückgang der Abonnement-Zahlen beträgt im vergangenen Jahr 20 Prozent. Regionalverkehrsbetriebe wurden von der Coronakrise besonders hart getroffen, so seien die Auswirkungen seit dem Lockdown im März 2020 stark zu spüren.
Beim Tarifverbund Nordwestschweiz (TNW), der Baselland und Basel-Stadt bedient, wurden letztes Jahr ein Viertel weniger Abonnements verkauft. Auch der Zürcher Verkehrsverbund (ZVV) und der Regionalverkehr Bern-Solothurn (RBS) haben einen Rückgang der Abo-Verkaufszahlen von 25 Prozent verzeichnet. Wenn es um den Verkauf von Einzelbillets geht, zeichnet sich noch ein düstereres Bild ab: Die RBS haben fast die Hälfte (43 Prozent) weniger verkauft, wie SRF berichtet.
Umsatzeinbussen von bis zu 25 Prozent
«Das trifft uns hart, weil wir über die Hälfte unserer Einnahmen über den Verkauf von Fahrausweisen decken», so Fabienne Thommen, Mediensprecherin beim RBS. Die RBS registrierten einen Verlust von 9 Millionen Franken. Der TNW verzeichnete Umsatzeinbussen von 50 Millionen Franken, 19 Prozent weniger als 2019. Bei den ZVV rechnet man mit einem Umsatzrückgang von 25 Prozent.
Die Einbussen des letzten Jahres konnten einige Tarifverbunde mittels der Auflösung von Reserven abfedern, diese sind nun aber ausgeschöpft und die Krise ist noch nicht vorbei.
Die vom Bundesrat im Januar erlassene Homeoffice-Pflicht habe dem ÖV erneut einen starken Dämpfer verpasst. «Wir beobachten, dass die Leute weiterhin zurückhaltend sind bei den Monats- und Jahresabos», so TNW-Geschäftsführer Adrian Brodbeck.
Die Warnung des Bundesrats, den ÖV nicht zu nutzen, habe einen nachhaltigen Effekt hinterlassen. So seien viele Leute aufs Auto, Velo oder E-Bike umgestiegen und: «Die kommen nicht mehr so schnell zurück», meint Brodbeck. Deshalb rechnet man bereits für 2021 mit ähnlich hohen Einbussen wie im Corona-Jahr 2020.
Öffentliche Hand soll Betreibern unter die Arme greifen
Um die Löcher zu stopfen, hat die SVP im Zürcher Kantonsrat vorgeschlagen, die Preise zu erhöhen. Laut ZVV ist dies jedoch sehr schwierig umzusetzen und kontraproduktiv, um Leute wieder für den ÖV gewinnen zu können. «Um einen Teil der Kundschaft wieder zurückzugewinnen und neue ÖV-Nutzer anzuziehen, ist es essenziell, dass das Angebot weiterhin attraktiv bleibt», so ZVV-Mediensprecher Thomas Kellenberger.
Vor einem Konkurs sollen sich regionale Verkehrsbetriebe aber nicht fürchten. «Die öffentliche Hand wird alles daran setzen, damit kein ÖV-Anbieter Konkurs geht», sagt Hans Rudolf Rihs, Sektionsleiter öffentlicher Verkehr im Kanton Aargau. «Im schlimmsten Fall muss man das Angebot zurückfahren, vor allem wenn weiterhin weniger Leute reisen», so Rihs. Die SBB hatte Mitte März 2020 zu dieser Massnahme gegriffen, als der Bundesrat den Lockdown beschloss und die Empfehlung heraus gab, alle sollen zuhause bleiben.
Wann eine Fahrplanreduzierung nötig sein werde, ist nicht bekannt. Bei den ZVV rechnet man aber damit, dass es drei bis vier Jahre dauern könnte, bis die Passagierauslastung wieder das Niveau von vor der Corona-Pandemie erreicht.
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