Terror auf Sri Lanka«Dachte, wir hätten Gewalt hinter uns gelassen»
Weltweites Entsetzen nach den Anschlägen auf Kirchen und Hotels in Sri Lanka. Der Inselstaat galt seit Ende des Bürgerkrieges zwar als relativ ruhig – der Konflikt aber schwelte weiter.
- von
- gux
Bei der verheerenden Anschlagsserie auf christliche Kirchen und Hotels am Ostersonntag in Sri Lanka sind mindestens 207 Menschen getötet worden, darunter auch etliche Ausländer.
Die Menschen in der Hauptstadt Colombo sind fassungslos. «Wir wollten heute zur Kirche gehen. Aber jetzt sind sie geschlossen worden – es wird im ganzen Land keine Messe geben», sagt Julian Emmanuel (48) zu BBC.
Zehn Jahre kein Terror in Sri Lanka
Bevor er nach Grossbritannien auswanderte, lebte Emmanuel 18 Jahre in Sri Lanka. Er habe damals viele religiöse und ethnische Spannungen erlebt, doch seit 2009 sei es relativ friedlich geblieben. «Es ist so traurig. Ich dachte, Sri Lanka habe die Gewalt hinter sich gelassen.» Tatsächlich wurden im Inselstaat seit Ende des Bürgerkrieges im Mai 2009 keine Terroranschläge mehr verübt – bis zum heutigen tödlichen 21. April 2019.
Der Inselstaat ist bis heute ein religiös gespaltenes Land. Mit knapp 21 Millionen Einwohnern ist die Tropeninsel mehrheitlich buddhistisch. Rund 12,6 Prozent der Bevölkerung sind Hindus, 9,7 Prozent Muslime und 7,4 Prozent Christen. Immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der verschiedenen Religionsgemeinschaften.
Konflikt schwelt nach Bürgerkrieg weiter
Kam der Bürgerkrieg von 1983 bis 2009 dazu: Darin hatten die «Befreiungstiger von Tamil Eelam» (LTTE) für einen unabhängigen tamilischen Staat im Norden der Insel gekämpft. Die Tamilen sind zumeist Hindus.
Die LTTE verübte im ganzen Land Selbstmordanschläge und sprengte Züge in die Luft. Die Armee bombardierte das Siedlungsgebiet der Tamilen. Schätzungen zufolge starben während des Bürgerkriegs an die 100'000 Menschen.
Heute ist die LTTE zerschlagen. Doch der Konflikt schwelt weiter. Etliche Tamilen suchen noch nach Angehörigen, die nach 2009 in Internierungslager der Armee kamen und seitdem verschwunden sind. Menschenrechtsorganisationen berichten von bis heute anhaltenden Entführungen, Vergewaltigungen und Folter von Tamilen durch Sicherheitskräfte. (gux/sda)