«Mister Corona»Daniel Koch bereut die Schliessung der Altersheime
Daniel Koch, ehemaliger Leiter der Abteilung «Übertragbare Krankheiten» beim BAG, blickt in einem Interview mit den Tamedia-Zeitungen auf die Pandemie zurück.
- von
- Justin Arber
Darum gehts
Daniel Koch wurde in seinem letzten Amtsjahr beim BAG schweizweit als «Mister Corona» bekannt.
In einem Interview mit den Tamedia-Zeitungen zieht er ein Fazit über die Pandemie.
Er sagt dabei, welche Massnahmen notwendig waren und welche nicht.
Daniel Koch wurde vor drei Jahren schweizweit als «Mister Corona» bekannt. Obwohl er damals stark in der Öffentlichkeit stand, sagt der heute 67-Jährige rückblickend: «Die Pandemie war für mich weniger belastend als für viele andere.» Bis 2020 war Koch Leiter der Abteilung «Übertragbare Krankheiten» beim Bundesamt für Gesundheit (BAG).
Ein Bericht des Parlaments kritisierte das BAG und ihn, dass der Lockdown am 16. März 2020 zu spät verhängt wurde. Im Interview mit den Tamedia-Zeitungen verneint Daniel Koch das. Er könne zwar verstehen, dass er und das BAG kritisiert worden seien, jedoch käme es gar nie erst zu einer Krise, wenn man immer alle Vorbereitungen treffe, von denen man im Nachhinein wisse, dass sie nötig gewesen wären. «Es stimmt, dass wir ganz am Anfang das Tempo unterschätzten, mit dem sich die Seuche nach Europa ausbreiten würde. Aber die Schweiz war beispielsweise das erste Land, das Grossveranstaltungen verboten hat.»
Schulschliessungen waren eigentlich nicht nötig
Es habe auch viel Druck von anderen Ländern – vor allem den Nachbarländern – gegeben, so Koch. Die Schweiz habe zum Beispiel die Schulen eigentlich nicht schliessen wollen, «aber als Frankreich die Schulen schloss, war bald klar, dass wir nachziehen mussten. Auch wegen der Westschweiz, die es nicht verstanden hätte, wenn wir den normalen Schulbetrieb aufrechterhalten hätten.» Die Schulschliessungen betrachte er nicht als Fehler, sondern als eine drastische Massnahme, die aus rein epidemiologischer Sicht nicht unbedingt nötig gewesen wäre.
Einen Entscheid den er im Nachhinein nicht mehr träfe, sei die Abriegelung der Altersheime. Daniel Koch begründet dies damit, dass die Grundrechte der Bewohnerinnen und Bewohner zu stark eingeschränkt und die Verantwortlichen in den Heimen zu sehr alleingelassen worden seien. Weiter habe die Schliessung der Landesgrenzen praktisch nichts gebracht. Da der Warenverkehr nicht eingeschränkt wurde, hätten trotzdem Hunderttausende Lastwagen pro Tag die europäischen Grenzen überquert.
«Vielleicht hätte es dann die Lockdowns in dieser Form nicht gegeben»
Die Tamedia-Zeitungen sprechen den 67-Jährigen darauf an, dass er wie ein Lockdown-Skeptiker töne. Koch antwortet, der Lockdown sei im Moment des Beschlusses unausweichlich gewesen. Er frage sich aber schon, wie Europa reagiert hätte, wenn Corona nicht in China, sondern in den USA ausgebrochen wäre. «Vielleicht hätte es dann die Lockdowns in dieser Form nicht gegeben».
Die Gesellschaft habe sich zum Schlechten verändert. Er sei überzeugt davon, dass die Pandemie autoritäre und diktatorische Regimes gestärkt hat. Er wagt die Vermutung, dass es ohne die Pandemie vielleicht den Ukraine-Krieg nicht gegeben hätte. Die Menschenrechtslage sieht er heute als viel prekärer als während des Lockdowns.
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