
Dürfen Autofahrer und -fahrerinnen Klimakleber von der Strasse wegziehen? Die Experten kennen die Antwort.
Rechtliche LageDarf ich Klimakleber wegziehen?
Dürfen sich Autofahrer und Autofahrerinnen gegen sogenannte Klimakleber wehren, um weiterfahren zu können? Lieber nicht: Was sich im Stau nach Nötigung anfühlt, ist deswegen nicht unbedingt eine.
- von
- Viva-Mobilitätsexperten
Frage von Matthias ans Viva-Expertenteam:
Ich ärgere mich über die Klimakleber. Sollten sie jemals meine Fahrt behindern, wäre das meiner Meinung nach Nötigung. Darf ich sie dann zumindest von der Strasse ziehen, oder wie sieht das alles rechtlich aus?
Antwort:
Lieber Matthias
Kochen die Emotionen hoch, ist das immer heikel – denn so eindeutig, wie sich eine Strassenblockade der sogenannten Klimakleber subjektiv im Stau nach Nötigung anfühlt, ist die Sache objektiv nicht. Willst du nicht selbst eine Anzeige riskieren, solltest du ausser dem Rufen der Polizei, die dann die Strasse räumt, nichts tun. Denn wie weit Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit Protest decken oder ob eine vorübergehende Behinderung Nötigung ist, ist strittig. Das kann nur vor Gericht im Einzelfall geklärt werden.
Ob es wirklich Nötigung ist, entscheidet sich erst vor Gericht.
Zwei Beispiele: In Bern wurde jüngst ein Klimaaktivist, der 2021 für 45 Minuten eine Strasse blockiert hatte, vom staatsanwaltschaftlichen Vorwurf der Nötigung freigesprochen; die Busse wurde auf 220 Franken für Verstoss gegen das Strassenverkehrsgesetz (plus Übernahme der halben Gerichtskosten) reduziert. In Zürich hob das Obergericht dagegen gerade einen ähnlichen Entscheid des Bezirksgerichts auf und verurteilte eine Aktivistin für Nötigung und Behinderung auf der Quaibrücke 2020 zu 1100 Franken. Die Entscheide können noch weitergezogen werden. Du siehst: Die Abwägung ist eine juristisch strittige und komplizierte Materie.
Du musst das sanfteste Mittel wählen – also die Polizei rufen.
Ziehst du Klimakleber beiseite, kann das für dich in einer Anzeige wegen Körperverletzung enden. Richtig ist zwar: Gegen Nötigung darfst du dich wehren. Aber es muss eben erst mal Nötigung sein, und die Gegenwehr muss auch dann verhältnismässig ausfallen: Du darfst nicht «zurücknötigen» und musst das sanfteste Mittel wählen. Das ist, die Polizei zu rufen. Keinesfalls darfst du die Blockade per Auto gewaltsam durchbrechen! Und ist die Polizei da, so ist ausschliesslich sie am Drücker. Was du tun könntest: Hast du einen belegbaren Schaden erlitten – etwa einen entgangenen Auftrag –, könntest du Aktivisten und Aktivistinnen auf Schadenersatz verklagen.
Gute Fahrt!
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