PolizeigewaltDarum eskaliert die Gewalt auf den Strassen Frankreichs
In verschiedenen Städten Frankreichs gingen über 130’000 Menschen auf die Strasse. Es kam zu Gewalt und Ausschreitungen. Die Demonstranten protestierten gegen ein geplantes Sicherheitsgesetz, Polizeigewalt und die Räumung eines Flüchtlingslagers.
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Darum gehts
In Frankreich ist es zu massiven Ausschreitungen und Gewalt gekommen.
Auslöser ist ein neues Sicherheitsgesetz, das das französische Unterhaus am Dienstag verabschiedet hat.
Auch die Gewalt an einem schwarzen Musikproduzenten und die Räumung eines Flüchtlingslagers haben die Stimmung aufgeheizt.
Am Samstag sind in ganz Frankreich gemäss der französischen Agentur AFP über 130’000 Menschen auf die Strasse gegangen, um gegen strukturelle Polizeigewalt und Rassismus zu demonstrieren. Dabei kam es zu Ausschreitungen und Gewaltausbrüchen.
So wurde zum Beispiel die französische Zentralbank «Banque de Paris» angezündet. Bei den Protesten wurden 37 Polizisten verletzt, davon 23 alleine in Paris. Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin twitterte, Gewalt gegen Polizisten sei inakzeptabel.
Doch was ist der Auslöser der heftigen Ausschreitungen in Paris und andernorts in Frankreich? Mindestens drei Punkte haben dazu geführt, dass die Gewalt auf Frankreichs Strassen derart eskaliert.
1. Das neue Sicherheitsgesetz
Das umstrittene Sicherheitsgesetz wurde am Dienstag vom französischen Unterhaus gutgeheissen. Es sieht unter anderem vor, dass die Veröffentlichung von Bildern und Videos von Polizeibeamten strafbar wird. Wird damit das Ziel verfolgt, die körperliche oder psychische Unversehrtheit des Polizisten zu verletzten, würde neu bis zu ein Jahr Gefängnis oder 45’000 Euro Busse drohen.
Kritiker sehen darin eine Einschränkung der Informations- und Pressefreiheit. Ihre Befürchtung: In Zukunft wird man gegen Polizisten, die zum Beispiel unverhältnismässig brutal oder rassistisch motiviert handeln, nicht mehr vorgehen können, ohne sich dabei selbst strafbar zu machen.
2. Polizeigewalt gegen Michel Zecler
Ein Video eines Polizeiübergriffs auf einen dunkelhäutigen französischen Musikproduzenten giesst weiter Öl ins Feuer. Michel Zecler war am letzten Samstag unterwegs in sein Musikstudio im 17. Arrondissement in Paris. Er trug dabei keine Maske. Das fiel drei Polizisten auf.
Die Polizisten überrumpelten und packten Zecler und stiessen ihn in sein eigenes Studio. «Bevor ich auch nur ein Wort sagen konnte, drückten und schlugen sie mich», so Zecler gegenüber einem französischen News-Portal. «Ich wusste nicht, was passiert, schrie nach Hilfe.»
Videoaufnahmen zeigen, wie die Polizisten Zecler schlagen und nach ihm treten. Sie zogen ihm wiederholt einen Schlagstock über den Kopf, bis Zecler blutüberströmt war. Dazu beschimpften sie ihn mehrmals rassistisch.
Frankreichs Präsident Emanuel Macron zeigte sich erschüttert und bezeichnete das Vorgehen der Polizisten als inakzeptabel. Diese wurden mittlerweile vom Dienst suspendiert. Viele Franzosen ziehen bei den Aufnahmen zu Polizeigewalt die Parallele zur Black-Lives-Matter-Bewegung in den USA.
3. Räumung des Flüchtlingslager mitten in Paris
Am Montag, 24. November, löste die Polizei in Paris ein illegales Flüchtlingslager auf der Place de la Republique mitten in der französischen Hauptstadt auf. Kurz zuvor hatten Flüchtlinge dort an die 500 Wurfzelte aufgebaut.
Der Polizeieinsatz wurde scharf kritisiert. «Sie sind zu gewalttätig. Wir wollen nur ein Dach über dem Kopf» zitierte die französische Nachrichtenagentur einen afghanischen Flüchtling. Teilweise trugen die Polizisten Zelte weg, in denen sich noch Menschen befanden. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein.
Der französische Innenminister nannte den Polizeieinsatz schockierend und forderte einen Bericht der Polizei an. Erst eine Woche zuvor hatte die Polizei ein anderes Flüchtlingscamp im Pariser Vorort Saint-Denis aufgelöst. Aktivisten sprechen davon, dass seit diesem Zeitpunkt hunderte Flüchtlinge obdachlos seien.