F-35 Lightning II - Darum fliegt Viola Amherd auf den US-Superjet

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F-35 Lightning II Darum fliegt Viola Amherd auf den US-Superjet

Bei der Kampfjet-Beschaffung hat der teure F-35-Jet derzeit die Nase vorne. Ein Aviatik-Experte erklärt, wieso sich Bundesrätin Viola Amherd so stark für das Flugzeug einsetzt.

von
Leo Hurni
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2017 hat sich das Stimmvolk für die Beschaffung neuer Kampfjets ausgesprochen. Bundesrätin Viola Amherd und ihr Verteidigungsdepartement schauen sich derzeit vier verschiedene Modelle an. 

2017 hat sich das Stimmvolk für die Beschaffung neuer Kampfjets ausgesprochen. Bundesrätin Viola Amherd und ihr Verteidigungsdepartement schauen sich derzeit vier verschiedene Modelle an.

Eglin Air Force Base, Fla.
Amherds Spitzenfavorit ist derzeit der amerikanische F-35, wie Rundschau und NZZ berichteten. Nun muss Amherd ihre Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat davon überzeugen. 

Amherds Spitzenfavorit ist derzeit der amerikanische F-35, wie Rundschau und NZZ berichteten. Nun muss Amherd ihre Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat davon überzeugen.

20min/Matthias Spicher
Gemäss Aviatik-Experte Hansjörg Egger ein «etwas überraschender und mutiger Entscheid». Denn Amherds Wahl sei keine politische, sondern eine rein technische. 

Gemäss Aviatik-Experte Hansjörg Egger ein «etwas überraschender und mutiger Entscheid». Denn Amherds Wahl sei keine politische, sondern eine rein technische.

privat

Darum gehts

  • Der Bundesrat entscheidet in den nächsten Wochen, welchen Kampfjet er sich besorgen will.

  • Verteidigungsministerin Viola Amherd favorisiert ein amerikanisches Modell.

  • Ein Aviatik-Experte erklärt im Interview, was der Flieger wirklich kann.

Die Schweiz kauft bald neue Kampfjets. Der amerikanische F-35 gilt derzeit als Favorit, der Bundesrat entscheidet in den nächsten Wochen darüber. Aviatik-Experte Hansjörg Egger klärt die wichtigsten Fragen rund um den Jet (siehe Box).

Herr Egger, offenbar will die Verteidigungsministerin den amerikanischen F-35 Kampfjet für die Schweiz – eine gute Wahl?

Es ist auf jeden Fall keine politische Wahl. Der für mich etwas überraschende und mutige Entscheid stützt sich auf die minutiös durchgeführte Evaluation mit den vier Kandidaten. Die VBS-Vorsteherin favorisiert offenbar die technisch und operationell beste und kostengünstigste Variante. Der F-35 ist klar das modernste Kampfflugzeug der Gegenwart, das auch von über einem Dutzend anderer Luftwaffen ausgewählt wurde.

Der F-35 kostet 237 Millionen Franken pro Stück und ist ein hochtechnologischer Flieger. Die Kritik ist dementsprechend breit. Braucht die kleine Schweiz so eine teure Lösung?

Will man der Expertengruppe glauben, handelt es sich beim Fünfte-Generationen-Flugzeug F-35 um die kostengünstigste Variante. Einige Länder haben den Jet bereits bestellt, andere liebäugeln noch damit. Bei einer Stückzahl von über 3000 Flugzeugen ist es durchaus vorstellbar, dass der Preis für das einzelne Flugzeug ständig sinkt. Auch im Hinblick auf die Upgrades, denen Kampfflugzeuge regelmässig unterzogen werden, wirkt sich die grosse Zahl der produzierten Flugzeuge kostenbremsend aus. Während es bei Flugzeugen der vorhergehenden vierten Generation teuer werden kann, vor allem, wenn sie bald einmal nicht mehr hergestellt werden.

Mehrere Flugzeuge des Typs F-35 können ihre Daten austauschen und nutzen. Auch mit Lockheed Martin sollen die Flieger regelmässig logistische Daten abgleichen. Das sorgt für Kritik: US-Geheimdienste könnten Zugriff auf die Schweizer Daten bekommen. Ist diese Kritik berechtigt?

Bei diesem Datenaustausch unter den Betreibern und dem Hersteller, wie er übrigens bereits beim F/A-18 funktioniert, geht es in erster Linie um die Sicherheit. Vorkommnisse, Probleme und Erfahrungen bei der Operation werden mit den befreundeten Luftstreitkräften und dem Werk gegenseitig gecheckt.

Ebenfalls im Rennen sind die Rafale des französischen Herstellers Dassault, der Eurofighter und die Super Hornet des US-Konzerns Boeing. Wie sicher sind die Daten bei diesen Typen im Vergleich?

Es ist wie bei den Lokomotiven. Es fährt weltweit keine Lok, in der nicht Schweizer Bestandteile verbaut sind. Und so ist es bei den Flugzeugen. Die wichtigsten Systeme, wie etwa der Datenlink 16, stecken bei sämtlichen evaluierten Kampfjets drin. Und sie stammen aus den USA. Auch die Navigation basiert bei sämtlichen Luftwaffen auf dem Global Positioning System (GPS), und der Knopf, um die Satelliten abzustellen, befindet sich ebenfalls in den USA.

Der F-35 gilt als Problemflieger, der US-Kongress listete fast 900 technische Mängel auf. Macht die USA einfach gutes Marketing für einen überteureten und fehleranfälligen Jet?

Um es etwas provozierend auszudrücken: Es ist klar, dass bei Auslaufmodellen keine Kinderkrankheiten mehr auftreten. Bei anspruchsvollsten Hightech-Geräten ist es normal, dass auftretende Probleme gelöst werden müssen. Das war bei den nun in die Jahre gekommenen Kampfjets damals auch so. Man kann davon ausgehen, dass diese vielen bei den bereits betriebenen F-35 festgestellten Schwierigkeiten zum Grossteil ausgemerzt sein werden, bis die Schweizer Luftwaffe ab 2025 bis 2030 die Flugzeuge bekommt.

Wie sieht es mit Gegengeschäften (Offset) mit den USA aus?

Ich kann nur so viel sagen: Bei der Beschaffung des F/A-18 wurden die versprochenen Kompensationsgeschäfte bis 100 Prozent erfüllt. Man hat diesbezüglich mit den Amerikanern gute Erfahrung gemacht. Ich gehe jedoch davon aus, dass auch mit den Europäern lukrative Offset-Geschäfte zustande kämen.

«Wenn es die Befürworterinnen und Befürworter nicht schaffen, für das Geschäft zu kämpfen, glaubwürdig aufzutreten und Klarheit zu schaffen, sehe ich für die GSoA-Initiative beste Chancen.»

Hansjörg Egger

Die Konkurrenten sind nervös. Airbus schreibt, man biete das beste Gesamtpaket. Haben andere Anbieter jetzt überhaupt noch Chancen?

Bei jeder Evaluation kommen nach einem ersten Vorentscheid neue Angebote von der Konkurrenz. Natürlich findet nun ein Preisdumping statt, und es werden auch auf politischer Ebene Versprechungen gemacht. Aber die Frage bleibt: Was ist für die Schweiz und ihre Sicherheit bezüglich Kosten und Nutzen die beste Lösung? Und diese Frage lässt sich nur beantworten, wenn die Rechnung für die nächsten 30 Jahre gemacht wird.

Die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) droht bereits mit einer Initiative, sollte der Bundesrat sich ebenfalls für den F-35 Flieger aussprechen. Stürzt der Jet am Schluss noch vor dem Volk ab?

Was die Beschaffung eines neuen Kampfflugzeugs und im speziellen den amerikanischen Hightech-Jet F-35 betrifft, kursieren viele Fake News und nicht mit Fakten untermauerte Behauptungen. Wenn es die Befürworterinnen und Befürworter nicht schaffen, für das Geschäft zu kämpfen, glaubwürdig aufzutreten und Klarheit zu schaffen, sehe ich für die GSoA-Initiative beste Chancen. Erst recht, wenn sich bei der Typenwahl nun auch noch bürgerliche Politikerinnen und Politiker und solche aus der Mitte gegenseitig die Haare raufen. Ex- Armeechef André Blattmann hat diesbezüglich mit seinem Störmanöver einen Anfang gemacht.

Hansjörg Egger

Privat

Hansjörg Egger ist Ex-Angehöriger der Luftwaffe, Militär- und Zivilluftfahrtexperte und Dok-Fotograf. Er hat nach eigenen Aussagen keine Interessenbindungen, Mandate oder ist Mitglied einer Fliegerlobby. Als Journalist und Fotograf ist er weltweit tätig für bekannte Magazine wie GEO, Stern oder die Financial Times. Egger ist unter anderem Mitglied der Schweizerische Vereinigung für Flugwissenschaften und dem akademischen Aviatikverein.

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