5 Fragen und AntwortenDarum geht es bei der Spekulations-Initiative
«Mit Essen spielt man nicht»: So eingängig der Slogan der Initianten ist, so umstritten ist der Nutzen eines Spekulationsverbots. Das müssen Sie wissen.
- von
- jbu

Die Initianten gehen davon aus, dass die Nahrungsmittelspekulation an der Börse die Preise für Getreide in die Höhe treibt.
Die Spekulationsstopp-Initiative fand im Schatten der anderen Abstimmungsvorlagen vom 28. Februar bislang wenig Beachtung. Worum gehts?
Die Initiative verlangt, dass die Spekulation auf Lebensmittelpreise an der Börse verboten wird. Hinter der Forderung stehen die Jungsozialisten, SP, Grüne und Hilfswerke. Sie argumentieren, die Finanzgeschäfte trieben den Preis für Weizen, Mais, Soja und andere Grundnahrungsmittel in die Höhe. Die Nahrungsmittelspekulation sei somit eine der Ursachen für den Hunger auf der Welt. Auch verschiedene Bauernorganisationen unterstützen die Initiative unter dem Motto «Mit Essen spielt man nicht».
Warum wird an den Börsen überhaupt auf Lebensmittel spekuliert?
Viele Geschäfte dienen den Nahrungsmittelproduzenten schlicht dazu, sich abzusichern. Die Bauern gehen beispielsweise Verträge ein, die es ihnen ermöglichen, die Ernte in der Zukunft zu einem festgelegten Preis zu verkaufen. Diese Geschäfte wollen die Initianten nicht verbieten. Ihnen geht es um «Wetten» auf steigende oder fallende Preise, mit denen Gewinne erzielt werden. Diese sollen unterbunden werden.
Wer bekämpft ein solches Verbot und warum?
Der Bundesrat und alle grossen Parteien ausser SP und Grüne lehnen die Initiative ab. Denn schon die Grundannahme, dass die Spekulation auf Lebensmittel die Preise in die Höhe treibt, ist umstritten. Für Preisschwankungen seien andere Faktoren wie etwa Dürren, Überschwemmungen und andere Naturereignisse verantwortlich, argumentiert der Bundesrat. Weiter wenden die Gegner ein, die absichernden Geschäfte seien ohne die spekulativen gar nicht zu haben. Falle die Möglichkeit weg, durch Wetten Gewinne zu erzielen, sei niemand mehr bereit, für die Bauern das Risiko eines Ernteausfalls zu tragen.
Was sagt die Wissenschaft dazu?
Verschiedene Studien kommen zu unterschiedlichen Schlüssen. Die Gegner verweisen auf Untersuchungen, welche nahelegen, dass solche Finanzgeschäfte keinen Einfluss auf die Preise von Grundnahrungsmitteln haben oder diese sogar stabilisieren. Die Initianten wenden ein, viele Studien stammten aus der Zeit vor 2010. Erst nach Ausbruch der Finanzkrise hätten Finanzinstitute begonnen, im grossen Stil auf Agrarrohstoffe zu spekulieren, worauf die Preise explodiert seien. Die Juso führt unter anderem eine Studie der UNO-Konferenz für Welthandel und Entwicklung an, die belegt, dass ein Zusammenhang zwischen Spekulation und Welthunger bestehe.
Welche Folgen hätte eine Annahme der Initiative für die Schweiz und den internationalen Finanzmarkt?
Der Bundesrat warnt vor «schädlichen Nebenwirkungen für die Schweizer Volkswirtschaft», ohne jedoch Zahlen zu nennen. Die Gegner aus Politik und Wirtschaft befürchten mehr Bürokratie, weil die Einhaltung des Verbots kontrolliert werden müsste. Die Initianten betonen, dass verschiedene Schweizer Finanzkonzerne schon aus dem Geschäft ausgestiegen sind und deswegen keine Stellen abbauen mussten. Sie verweisen darauf, dass etwa der weltweit grösste Lebensmittelhersteller Nestlé keine negativen Auswirkungen befürchtet. Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann geht davon aus, dass ein Verbot in der Schweiz praktisch keine Wirkung auf die internationale Spekulation auf Lebensmittel hätte. Anders sieht dies etwa Heiner Flassbeck, der Ex-Chef-Ökonom der UNO-Organisation für Welthandel und Entwicklung. Würde die Schweiz der schädlichen Spekulation einen Riegel schieben, hätte das eine riesige Signalwirkung, so der Befürworter der Initiative. (jbu/sda)