Darum kennen selbst die New Yorker das Juwel ihrer U-Bahn nicht

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City Hall StationSeit 1945 liegt diese fantastische U-Bahn-Station im Dornröschenschlaf 

Elegante Kronleuchter und imposante Oberlichter: Wer die U-Bahnstation City Hall einmal betreten hat, bekommt sie nicht mehr aus dem Kopf. Nur: Solche Gelegenheiten sind selten. Das steckt dahinter.

von
Fee Anabelle Riebeling
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So voll ist es im New Yorker U-Bahnhof City Hall Loop Station – oft auch nur City Hall Station genannt – nur noch selten. Denn seit dem 31. Dezember 1945 halten hier keine Züge mehr. 

So voll ist es im New Yorker U-Bahnhof City Hall Loop Station – oft auch nur City Hall Station genannt – nur noch selten. Denn seit dem 31. Dezember 1945 halten hier keine Züge mehr. 

Wikimedia Commons/Rhododendrites/CC BY-SA 4.0
Seither kann sie nur noch im Rahmen von Führungen des New-York-Transit-Museums besucht werden. 

Seither kann sie nur noch im Rahmen von Führungen des New-York-Transit-Museums besucht werden. 

Wikimedia Commons/Rhododendrites/CC BY-SA 4.0
Nur noch selten fahren hier seit der Schliessung U-Bahnen ab: Während der wenigen Führungen durch die Station und am 27. Oktober 2004, anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der New Yorker Subway. 

Nur noch selten fahren hier seit der Schliessung U-Bahnen ab: Während der wenigen Führungen durch die Station und am 27. Oktober 2004, anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der New Yorker Subway. 

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Darum gehts

  • New York ist für seine Sehenswürdigkeiten bekannt. 

  • Kaum bekannt, aber äusserst sehenswert ist die City Hall Station. 

  • Im Jahr 1904 wurde der U-Bahnhof als erster U-Bahnhof ausserhalb Europas eröffnet. 

  • Am 31. Dezember 1945 hielten zum letzten Mal regulär Züge an dem Bahnsteig.

  • Sie kann jedoch besucht werden.

Als die New Yorker Subway am 27. Oktober 1904 eröffnete, war vieles ganz anders als heute – vor allem schöner. Statt Zweckmässigkeit prägte die Stationen noch echte Architektur. Schon die erste Station, von der jemals eine U-Bahn in Manhattan abfuhr, war eine Augenweide.

Obwohl tief unter der Erde gelegen, erhellte durch die bleiverglasten Oberlichter fallendes Tageslicht den Bahnsteig der City Hall Station, die sich fast direkt unter der namensgebenden City Hall befindet. Dort, wo es nicht hinreichte, sorgten elektrifizierte Kronleuchter aus Messing für Licht. Fein arrangierte Ziegel verliehen dem Gewölbe seinen besonderen, fast schon ka­the­dra­lisch anmutenden Charme.

«Mona Lisa der U-Bahnhöfe»

Allein am Tag der Eröffnung kamen rund 15’000 New Yorker, um mit der ersten U-Bahn ausserhalb Europas zu fahren – und die «Mona Lisa der U-Bahnhöfe», wie die City Hall Station damals genannt wurde, mit eigenen Augen zu sehen. Auch in den Tagen danach liess der Andrang nicht nach. Er sei so gross gewesen, dass die Station zunächst rund um die Uhr von Polizisten bewacht werden musste.

Entworfen hatte den U-Bahnhof der spanische Architekt Rafael Guastavino als das Aushängeschild der Interborough Rapid Transit Company und Startbahnhof der sogenannten Manhattan Main Line. Guastavino war schon damals kein Unbekannter: Er ist Vater des Guastavinischen Systems, einer Version des katalanischen Gewölbes. Im Jahr 1885 von ihm in die USA eingeführt, liess er das auf Flachziegelgewölben basierende System im Jahr 1892 dort patentieren. Dessen Vorteile: Sie waren günstig, leicht und äusserst tragfähig. 

Guastavinos Ziel war es, eine Ästhetik, die sonst nur der Oberschicht und der Elite vorbehalten war, unters Volk und in die Alltags-Architektur zu bringen. «Palaces for the people» (Paläste für das Volk) hiess drum eine Ausstellung über sein Werk im Museum of the City of New York im Jahr 2014. Und sein Werk ist umfangreich: Allein in New York prägte Guastavino über 250 Gebäude, darunter die Registration Hall auf Ellis Island oder das Elephant House im Bronx Zoo:

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Rafael Guastavino ist der Architekt, der der City Hall Station ihren Look verpasste. Der Spanier ist bekannt für seine Fliesengewölbe, die er im Jahr 1892 in den USA patentieren liess. Dessen Vorteile: Sie waren günstig, leicht und äusserst tragfähig. 

Rafael Guastavino ist der Architekt, der der City Hall Station ihren Look verpasste. Der Spanier ist bekannt für seine Fliesengewölbe, die er im Jahr 1892 in den USA patentieren liess. Dessen Vorteile: Sie waren günstig, leicht und äusserst tragfähig. 

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Zudem machte er so eine Ästhetik, die sonst nur der Oberschicht und der Elite vorbehalten war, für alle erlebbar. (Im Bild: das Grand Central Oyster Bar & Restaurant, zwischen 1910 und 1920)

Zudem machte er so eine Ästhetik, die sonst nur der Oberschicht und der Elite vorbehalten war, für alle erlebbar. (Im Bild: das Grand Central Oyster Bar & Restaurant, zwischen 1910 und 1920)

Wikimedia Commons/PD
Das Grand Central Oyster Bar & Restaurant, ein Fischrestaurant auf der unteren Ebene des Grand Central Terminals an der 42nd Street und Park Avenue in Manhattan, trägt zum Beispiel Guastavinos Handschrift. 

Das Grand Central Oyster Bar & Restaurant, ein Fischrestaurant auf der unteren Ebene des Grand Central Terminals an der 42nd Street und Park Avenue in Manhattan, trägt zum Beispiel Guastavinos Handschrift. 

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Schön, aber nicht wichtig

Gut vier Jahrzehnte galt die City Hall Station als das Beste, was die New Yorker U-Bahn an Gestaltung und Ausstattung zu bieten hatte. Dazu die zentrale Lage: Einer der Zugangs-Kioske über dem Treppeneingang von der Strasse her lag gleich links vor dem Haupteingang der City Hall am heutigen Steve Flanders Square. Trotzdem waren die glorreichen Zeiten bald vorbei. Bereits am 31. Dezember 1945 hielten zum letzten Mal regulär Züge an dem Bahnsteig. Am 27. Oktober 2004, anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der New Yorker U-Bahn, war einer der seltenen Momente, in denen es hier noch einmal «Abfahrt» hiess.

Denn die City Hall Station war «nie ein wichtiger Bahnhof», wie es in einem Porträt der Columbia University heisst. Dies aus mehreren Gründen: So befand sie sich «an der Wendeschleife für die Nahverkehrszüge aus dem Stadtzentrum, und sowohl diese als auch die Schnellzüge konnten problemlos an der ganz in der Nähe gelegenen Brooklyn Bridge Station kehren.» Zudem waren die Kurven laut, und der Abstand zwischen den nun deutlich moderneren Wagentüren und dem Bahnsteig war zu gross, um sicher zu sein. Ausserdem war der Bahnhof nachts geschlossen, da die Nahverkehrszüge dann zur South Ferry Loop fuhren.

Das alles führte dazu, dass sie in ihrem letzten Betriebsjahr – eigentlich einem Spitzenjahr für den U-Bahn-Verkehr – nur noch von 600 Fahrgästen pro Tag benutzt wurde.

Zwei Möglichkeiten, die Station zu sehen

Anders als in anderen «lost places» in New York ist es in der nun verwaisten U-Bahn-Station seither nicht still geworden. Denn ganz in der Nähe befindet sich die Subway-Station Brooklyn Bridge-City Hall, eigentlich die Endhaltestelle der Linie 6. Wer hier nicht aussteigt, sondern sitzen bleibt, rattert beim Kehren immerhin an der einsamen City Hall Station vorbei und kann so einen kurzen Blick auf sie erhaschen.

Wer das U-Bahn-Prachtstück aus vergangenen Zeiten genau in Augenschein nehmen möchte, dem bleibt nur, an einer Führung des New York Transit Museums teilzunehmen. Doch dafür braucht es vor allem jede Menge Glück. Denn die Termine sind rar und die Tickets (50 Dollar) in der Regel innerhalb weniger Minuten ausverkauft. Weitere Hürde: Man muss zunächst Mitglied werden.

Möchtest du die City Hall Station mal besuchen? 

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