Starke ZahlenDarum kommt die Schweiz besser durch die Krise als ihre Nachbarländer
Ukraine-Krieg, Preis-Schock, Corona-Pandemie: Die Wirtschaft ist in vielen Ländern am Anschlag. Nicht so in der Schweiz. So trotzt sie den internationalen Krisen.
- von
- Marcel Urech
Darum gehts
Die Welt jagt von einer Krise in die nächste: Kaum ist die Pandemie abgeflaut, bricht in Europa ein Krieg aus – und nun explodieren auch noch die Preise. Im Vergleich mit den Nachbarländern steht die Schweizer Wirtschaft aber noch immer gut da.
Doch warum? Die Redaktion hat Zahlen vom Statistischen Amt der Europäischen Union und nationaler Statistikämter verglichen und diese Experten vorgelegt.
Arbeitslosigkeit
So hoch war die Arbeitslosenquote im April:
Schweiz: 2,3 Prozent
Deutschland: 3,0 Prozent
Frankreich: 7,2 Prozent
Italien: 8,4 Prozent
Im Mai ist die Zahl der Arbeitslosen in der Schweiz gar erstmals seit 2019 unter die Marke von 100’000 Personen gefallen. Das überrasche nicht, sagt Karsten Junius, Chefökonom der Bank J. Safra Sarasin.
Der Schweizer Arbeitsmarkt sei zugänglich und wenig reguliert. In rund einer Stunde sei man in den grossen Städten, wo es viele Jobs gebe. In den anderen Ländern sei das nicht der Fall.
So steht es um die Jugendarbeitslosigkeit
Inflation
So hoch war die Jahresteuerung im April:
Schweiz: 2,5 Prozent
Frankreich: 5,4 Prozent
Italien: 6,3 Prozent
Deutschland: 7,8 Prozent
Junius erklärt die verhältnismässig tiefe Inflation in der Schweiz unter anderem damit, dass der Franken an Wert gewonnen habe, was die Importpreise tief halte. Bei der Berechnung der Inflation gewichte die Schweiz Energie und Lebensmittel weniger stark als die anderen Länder. Die Haushalte müssten daher einen geringeren Anteil ihres Lohns für Güter ausgeben, deren Preise besonders stark gestiegen sind.
Der grösste Teil des Inflationsschubs komme aus dem Ausland, sagt Brian Mandt, Chefökonom der Luzerner Kantonalbank. Er merkt an, dass die Inflation in der Schweiz traditionell tiefer sei als in umliegenden Ländern.
Wirtschaftswachstum
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zeigt den Wert aller Dienstleistungen und Waren, die ein Land herstellt. So stark wuchs das BIP im ersten Quartal 2022 gegenüber dem Vorquartal:
Frankreich: 0 Prozent
Italien: +0,1 Prozent
Deutschland: +0,2 Prozent
Schweiz: +0,5 Prozent
«Die Schweiz kam wirtschaftlich besser durch die Corona-Pandemie als andere Länder», kommentiert Junius. Da es weniger Eingriffe in die Wirtschaft gebe, steige das BIP noch. Zudem sei die Schweiz in Branchen stark, die immer noch wachsen – etwa in der Pharma.
Mandt merkt an, dass sich der Dienstleistungssektor, der Tourismus, die Hotellerie und die Gastrobranche in der Schweiz schnell erholt hätten, wie auch der Maschinenbau- und Metallsektor. Auch der Export ziehe nun wieder an.
Staatsverschuldung
So hoch waren die Schulden im Verhältnis zum BIP Ende 2021:
Schweiz: 27,5 Prozent
Deutschland: 69,3 Prozent
Frankreich: 112,9 Prozent
Italien: 158,8 Prozent
«Die Schweiz mag es nicht, sich zu verschulden», sagt Junius. Da alle grossen Parteien im System eingebunden seien, gebe es kaum Wahlkampfgeschenke auf Kosten der Staats. Wolle jemand die Ausgaben erhöhen, fordere die Politik eine Gegenfinanzierung ein. Die Schweiz sei zudem sehr effizient.
Sie profitiere auch vom Tiefzinsumfeld, sagt Mandt. Und das BIP-Wachstum federe die Staatsverschuldung stärker ab als in anderen Ländern. Italien habe hingegen schon lange einen hohen Schuldenstand, und die wirtschaftliche Entwicklung im Land sei lange schwach gewesen.