Keine Betten mehr freiDarum setzt Schwyz nun auf eine Zeltstadt für Geflüchtete
Dem Kanton Schwyz gehen die freien Betten für Geflüchtete aus. Um das Problem rasch in den Griff zu bekommen, wird dort nun eine Zeltstadt aufgebaut. Kritik gibt es vonseiten der SP, die statt Geld zu sparen, lieber auf Container gesetzt hätte.
- von
- Gianni Walther
Darum gehts
Rund 900 Ukrainerinnen und Ukrainer sind momentan im Kanton untergebracht. Bei der Unterbringung der Geflüchteten gerät der Kanton Schwyz mit seinen aktuellen Kapazitäten an den Anschlag. Deshalb sollen bald bis zu 140 Personen in einer Zeltstadt Platz finden.
Die Zeltstadt ist gemäss Mitteilung des Kantons Schwyz eine «rasch umsetzbare» Lösung. Rund 35 bis 40 Zelte sollen in einer Halle in Seewen eingerichtet werden. «Es werden Viererzelte aufgebaut. Diese sind auch für Familien geeignet», sagt Regierungsrat Andreas Barraud auf Anfrage. Die Zelte sollen laut ihm wegen der Privatsphäre nicht dicht an dicht stehen. «Bei einer Vollbesetzung sind natürlich alle Zelte belegt. Ist dies aber nicht der Fall, können wir mit der Anordnung der Zelte oder auch mit deren Belegung dafür sorgen, dass eine gewisse Privatsphäre gewährleistet werden kann», so der Regierungsrat.
Ende Juni soll die neue Unterkunft bezugsbereit sein: «Rundherum wird nun die notwendige Infrastruktur installiert: sanitäre Anlagen, Ess- und Aufenthaltsräume, Waschräume oder die nötigen Einrichtungen zur Verpflegung und weiteres», so der Regierungsrat. Hierbei sei von Vorteil, «dass man sich im Kanton Schwyz kennt und vieles unbürokratisch und konstruktiv gelöst werden kann». So werde die Halle vom Eigentümer für ein Jahr lang gratis zur Verfügung gestellt.
Kauf von Containern offenbar zu teuer
Für die Zeltstadt entschied man sich auch aus Kostengründen: «Wir gehen von Kosten in der Höhe von rund 300’000 Franken während eines Jahres aus», so der Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartements. Auch andere Varianten wurden geprüft, beispielsweise eine Lösung mittels Containern. «Wenn wir für ein Jahr lang Container mieten, liegen die Kosten in der Grössenordnung einer halben Million Franken.» Ein Kauf von Containern wäre laut Barraud zudem «exorbitant teurer».
Eine Unterbringung in einer unterirdischen Zivilschutzanlage, wie etwa der Kanton Luzern eine betreibt, wurde ebenfalls geprüft. «Abklärungen in dieser Hinsicht wurden getroffen. Bei der Notfallplanung ist das eine mögliche Variante. Sie kommt aber als letzte Variante zum Zug, falls alle Stricke reissen sollten.»
«Bei Zelten besteht das Problem, dass sie viel weniger schalldicht sind als ein fester Raum»
Die zusätzlichen Kapazitäten werden geschaffen, damit Flüchtlinge länger in den kantonalen Zentren beherbergt werden können. So soll der Druck auf die Gemeinden verringert werden. Denn: Die Schutzbedürftigen werden später den Gemeinden zugewiesen und sie sind für die Unterbringung zuständig. Wie viel Zeit Geflüchtete in der Zeltstadt verbringen werden, ist laut Barraud schwierig zu sagen und auch von Fall zu Fall unterschiedlich. Ebenfalls schwierig abzuschätzen sei, wie lange die Unterkunft in Betrieb sein wird. «Diese Prognose ist nicht einfach, da sich die Zahl der Flüchtlinge ständig verändert.» Hinzukomme, dass inzwischen auch wieder Geflüchtete zurück in die Ukraine reisen.
«Grundsätzlich finde ich es gut, dass sich der Kanton vorbereitet und jetzt schon frühzeitig Kapazitäten schafft», sagt Karin Schwiter, Präsidentin der SP Kanton Schwyz. «Bei Zelten besteht das Problem, dass sie viel weniger schalldicht sind als ein fester Raum. Man kann sich dadurch weniger von anderen abgrenzen. Das verringert die Aufenthaltsqualität», so Schwiter. Eine Unterbringung mit Zimmern in bestehenden Gebäuden oder eine Lösung mit Containern hätte sie daher bevorzugt. «Gerade bei Containern gibt es Varianten, deren Aufenthaltsqualität nicht viel schlechter als in einer Wohnung ist», sagt Schwiter weiter. «Es wäre wünschenswert, wenn man andere Lösungen finden würde und Zelte wirklich nur in Notsituationen zum Einsatz kommen.»
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