Viele GründeDarum sind Sie in Ihr Handy verliebt
Ein Foto des eigenen Smartphones löst im Hirn dieselbe Reaktion aus wie ein Bild des Partners. Ein Experte erklärt die Gefühle zu Geräten.
- von
- J. Panknin
Mitte September bringt Apple voraussichtlich das nächste iPhone auf den Markt. Schon jetzt können es viele Fans kaum erwarten, das neue Modell endlich in den Händen zu halten und ihr Eigen zu nennen.
Forscher der Universität Hamburg erklären sich dieses Phänomen mit einem sozialen Bedürfnis: «Ein Gerät einer bestimmten Firma kann eine Gruppenzugehörigkeit symbolisieren. Besitze ich dieses oder strebe den Besitz an, gibt mir das das Gefühl, Teil einer Gemeinschaft zu sein. Selbst wenn man sich nicht kennt, kann man sich gemeinsam auf die neue Technologie freuen», sagt der Computerwissenschaftler Frank Steinicke von der Universität Hamburg.
Smartphone wirkt lebendig
Gleichzeitig würden heute viele eine Art emotionale Bindung zu ihren Smartphones aufbauen. Schliesslich interagiere man ständig mit dem Gerät und spreche sogar damit: «Siri ist das klassische Beispiel. Ich spreche mit dem Computer und nehme ihn so als echten Kommunikationspartner wahr.» Der Sprachassistent gaukelt uns quasi vor, wir hätten es mit einem Lebewesen zu tun.
Das Design und die verwendeten Materialien könnten ebenfalls einen Einfluss darauf haben, wie sehr sich der Nutzer mit dem Gerät verbunden fühlt. Zum Beispiel können weiche Kanten und Oberflächen sanfter und damit liebevoller wirken. «Der haptische Sinn spielt mit Sicherheit, genau wie der auditive und der visuelle, eine starke Rolle», so Steinicke. «Wie bewusst die Hersteller dies beachten, kann ich leider nicht beantworten, weil das nicht mein Forschungsgebiet ist.»
Sammelplatz für Emotionen
Dazu kommt: Das Smartphone ist heute sowohl der Draht zu unseren Freunden und unserer Familie als auch Sammelplatz für Fotos und Dokumente, die mit Emotionen verbunden sind. Man assoziiere das Gerät deshalb mit etwas Positivem, so der Experte.
«Auf ein Foto des eigenen Smartphones reagiert das Hirn in den ersten Millisekunden ähnlich wie wenn man ein Bild des eigenen Ehepartners sieht», sagt Steinicke. Diese Reaktion geschehe im sogenannten Mandelkern, einem Hirnareal, das evolutionär sehr wichtig sei. «Dieser Teil ist dazu da, schnell zu erkennen, ob eine Gefahr droht. Ein Feuer wird beispielsweise blitzschnell mit etwas Negativem assoziiert. Der Partner oder eben das Handy hingegen sind für gewöhnlich ungefährlich und werden deshalb positiv bewertet.»
«Ich werde mein Handy nicht mehr lieben als meine Ehefrau»
Trotzdem gibt der Computerwissenschaftler Entwarnung: «Man muss sich keine Sorgen machen, dass man das Handy irgendwann mehr lieben wird als den Partner.» Es könne aber vorkommen, dass sich vereinzelt Personen zu Robotern oder Maschinen hingezogen fühlten. «Das ist dann aber eher dadurch bedingt, dass diese Personen ohnehin irgendwelche Krankheiten oder sozialen Phobien in der realen Welt haben und deswegen in mediale Welten fliehen.»

Frank Steinicke ist Professor für Informatik und Leiter des Forschungsbereichs Human-Computer-Interaction an der Universität Hamburg.