Selbstfahrende Shuttlebusse«Das ist die Mobilität der Zukunft»
Schweizer Premiere: In der Stadt Zug verkehren zwischen dem Bahnhof und dem Technologiecluster ab Sommer Shuttlebusse ohne Chauffeur.
Das selbstfahrende Shuttle ist am Dienstag in Zug enthüllt.worden (Video: gwa).
«Zug will sich zu einer Pionierstadt für neue Verkehrsformen auf Basis selbstfahrender, intelligenter Fahrzeuge entwickeln, um damit langfristig auch eine Verkehrsentlastung der Innenstadt zu bewirken. Als Schweizer Premiere werden ab Sommer selbstfahrende Shuttles in ein bestehendes, innerstädtisches und bereits stark genutztes Verkehrs- und Mobilitätssystem integriert»: So heisst es in einer Mitteilung der SBB vom Dienstag.
Konkret werden in der Stadt Zug ab Sommer fahrerlose Shuttlebusse unterwegs sein. Zum Einsatz kommen elektrisch betriebene Fahrzeuge der Firma Local Motors, die in Berlin hergestellt werden. «Das ist die Mobilität der Zukunft», sagt SBB-CEO Andreas Meyer. «Das Fahrzeug wird in einem geregelten Fahrplanbetrieb verkehren – auch auf den öffentlichen Strassen zusammen mit anderen öffentlichen Verkehrsmitteln und privaten Fahrzeugen.»
Shuttles werden auch in SBB-App integriert
In einer ersten Projektphase verkehren zwei selbstfahrende Shuttles mit vordefinierten Zwischenhalten zwischen dem Bahnhof und dem Technologiecluster Zug. Ab Sommer werden die Selbstfahrenden Shuttles für zwei Jahre getestet. Der Bus ist während des Pilotbetriebs in Zug von einer Person begleitet, welche im Ereignisfall eingreifen kann. Die SBB sehen vielerlei Einsatzmöglichkeiten: Kunden sollen die Shuttles auch bestellen oder anhalten lassen können. «Das ganze wird auch in unsere App integriert, damit man die Reisen planen kann», sagt Meyer.
Bis ins Jahr 2025 soll die Technologie laut einigen Experten ausgereift sein. Meyer glaubt, dass die Fahrzeuge teil des Individualverkehrs werden. «Das hat ein riesiges Potenzial für relativ wenig Geld Mobilität von Tür zu Tür für alle zu organisieren», so der SBB-CEO. Durch die Shuttles würden aber auch Personen Zugang zu Mobilität erhalten, die nicht mobil sind und bereits Schwierigkeiten haben, an einen Bahnhof zu gelangen.
«Wir wollen eine Smart City sein»
«Es ist ein Test, ein Untersuchen, ein Erleben – auch für uns», sagt Patrick Marti, Geschäftsführer von Mobility Carsharing. Man wolle lernen, was der Konsument benötigt, um die richtigen Mobilitätsformen bereitstellen zu können. «Ich bin überzeugt, das wird eines der wichtigsten und gewichtigsten Projekte werden, was die Mobilität der Zukunft anbelangt», sagt Marti.
«Wir sind eine Stadt, die für die Zukunft arbeitet. Der Stadtrat stand geschlossen dahinter», sagt der Zuger Stadtpräsident Dolfi Müller. Zug wolle sich zur Pionierstadt für neue Verkehrsformen entwickeln. Jetzt sei ein wichtiger Moment und es müssten Pflöcke für die Zukunft eingeschlagen werden. «Wir wollen eine Smart City sein», so Müller. «Man darf auch kritisch sein, aber eigentlich muss man sehen: Das sind Chancen für uns», so der Stadtpräsident.
Vernunft bleibe auf der Strecke
Ab 2018 sollen die Kunden dann beliebig zu- und aussteigen können. Der Pilotversuch wird bis Ende 2018 dauern. Danach werden die Partner entscheiden, ob und wie die selbstfahrenden Shuttles in das Zuger ÖV-System integriert werden.
Für das Projekt spannen mehrere Partner zusammen. Die SBB habe das Know-How als Mobilitätsgenerator, Mobility sei Spezialistin für Carsharing-Fahrzeugtechnologie, die Zugerland Verkehrsbetriebe beim Unterhalt zum Zuge, und der Technologiecluster Zug schaffe einen neuen Ort für die urbane Industrie, die an den ÖV angebunden wird.
Intervenieren sei unmöglich
Der Schweizerische Eisenbahn- und Verkehrspersonal-Verband SEV ist nicht erfreut. «Damit fällt in einem weiteren Bereich Personal weg, was für die Kunden gefährlich ist», sagt Vizepräsident Manuel Avallone. Dadurch sei das Reisen in solchen Shuttles unsicher. «Bei gewalttätigen Auseinandersetzungen zum Beispiel kann kein Chauffeur durch Anhalten intervenieren.» Zudem kritisiert er, dass führerlose Shuttles Stellen kosten.
Kurt Schreiber, Präsident von Pro Bahn Schweiz, begrüsst den technologischen Fortschritt. Die Shuttles hätten aber einen grossen Haken. «Hat ein Zug Verspätung, fahren sie ohne Rücksicht auf Verluste ab.» Da der denkende Chauffeur wegfalle, bleibe die Vernunft auf der Strecke. Mit einer erhöhten Unfallgefahr rechne er nicht. «Die Erfahrungen zeigen, dass führerlose Shuttles keine Gefahr für Leib und Leben sind.» Bis sich die Menschen in die Shuttles setzten, brauche es aber viel Vertrauen. «Wichtig ist, dass sie genügend Informationen erhalten.» Noch zu klären sei, wie der Verkehr in der Innenstadt geregelt werde. «Um Staus umfahren zu können, wäre eine eigene Spur für die Shuttles nötig.» (20 Minuten)