Drogen in Bananenschachteln«Das Kokain hätte nie bis in den Coop kommen sollen»
Rund 140 Kilogramm Kokain wurden in Coop-Filialen in Bananenschachteln gefunden. Den Dealern muss ein Fehler unterlaufen sein, erklärt ein Experte.
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Darum gehts
- In mehreren Coop-Filialen wurden rund 140 Kilogramm Kokain in Bananenschachteln gefunden.
- Laut einem Experten ist den Dealern ein Fehler unterlaufen: Das Kokain hätte kurz nach der Ankunft in Europa wieder aus den Schachteln geholt werden sollen.
- Dass Kokain mit üblichen Handelswaren wie Kaffee oder Bananen verschifft werde, sei völlig normal.
- Insgesamt gehen Experten davon aus, dass in der Schweiz jedes Jahr rund 3,5 bis 4 Tonnen reines Kokain konsumiert werden.
In mehreren Coop-Filialen hat die Polizei letzte Woche insgesamt rund 140 Kilogramm Kokain beschlagnahmt. Die Drogen waren in Bananenschachteln versteckt, die mit Peilsendern ausgestattet waren. Frank Zobel ist Vizedirektor von Sucht Schweiz. Er beobachtet den Kokainmarkt seit Jahren. Im Interview erklärt er, wie die Pakete bis in den Coop gelangen konnte und welche Auswirkungen die Corona-Massnahmen auf den Drogenhandel hatten.
Frank Zobel, wie gelangen 140 Kilogramm Kokain in Coop-Filialen in der Schweiz?
Kokain wird vorwiegend in Kolumbien, Bolivien und Peru produziert. In den grossen Häfen in Brasilien und Venezuela bestechen die Drogenkartelle Hafenmitarbeiter, welche das Koks in Schiffscontainern nach Europa verschiffen, also etwa nach Antwerpen, Rotterdam oder Hamburg. Dort nehmen es wiederum bestochene Hafenmitarbeiter in Empfang. Das Kokain wird weiterverkauft und gelangt von den Hafenstädten nach ganz Europa. Dass die Drogen zusammen mit Waren wie Bananen verschickt werden, ist bekannt. Die Besitzer der Container wissen im Normalfall gar nicht, dass in ihren Containern Drogen geschmuggelt werden. Das Kokain hätte aber nie bis in die Coop-Filialen kommen sollen. Offenbar wurden die Händler daran gehindert, es rechtzeitig aus den Bananenschachteln zu holen. Es ist gut vorstellbar, dass das Kokain gar nicht für den Schweizer Markt vorgesehen war.
Was könnte der Grund dafür sein, dass das Koks trotzdem hier landete?
Diese Drogen haben einen Wert von mehreren Millionen Franken, es muss also einen triftigen Grund geben, dass die Dealer das Kokain nicht aus den Schachteln geholt haben. Möglich ist, dass die Drogenhändler aufgrund der Corona-Massnahmen gewisse Landesgrenzen nicht überschreiten konnten und deshalb nicht rechtzeitig an die Drogen kamen. Die Frachter sind mehrere Wochen unterwegs, das erschwert die Planung.
Kommt es öfter vor, dass Drogenhändler nicht an ihren Stoff kommen?
Solche Sicherstellungen gibt es alle paar Jahre. Auch in Deutschland und in Basel wurden schon grosse Mengen Kokain sichergestellt. Wenn man bedenkt, dass auf dem Schweizer Kokainmarkt jedes Jahr zwischen 3,5 und 4 Tonnen reines Kokain umgesetzt werden, fallen die 140 Kilogramm aber nicht sonderlich ins Gewicht.
Wie gelangt das Kokain üblicherweise von den grossen europäischen Häfen in die Schweiz?
Nachdem das Kokain sicher in Europa angekommen ist, wird es verkauft. Danach gibt es verschiedene Wege, wie es in die Schweiz gelangen kann. Oft sind es Kuriere, welche die Droge in kleinen Mengen, also ein bis zwei Kilogramm, über Land oder mit dem Flugzeug hierher bringen. Danach wird das Kokain an verschiedene Unterhändler verteilt.
Weshalb wird nicht mehr Kokain beschlagnahmt?
In den grossen Häfen wie Rotterdam werden mehrere Container pro Sekunde abgefertigt. Es ist schlicht unmöglich, sie alle zu kontrollieren. Sobald eine Lieferung angekommen ist, wird das Kokain im Normalfall aus den Containern geholt, und diese bekommen neue Siegel. Dann wird das Kokain auf dem Landweg weiter verteilt, in Lastwagen oder Autos. Ab dem Moment, wo das Kokain Europa sicher erreicht, ist es für die Behörden schwierig, es zu finden und zu beschlagnahmen.
Europa wird mit Koks überschwemmt
Konsum steigt stetig
Der Kokskonsum ist seit Jahren leicht steigend, sagt Experte Zobel: «Kokain ist in, die Droge trifft den Zeitgeist, und das Angebot ist gross. Auch in der Schweiz ist dieser Trend feststellbar. Im europäischen Vergleich befindet sich die Schweiz im vorderen Teil der Liste, in Ländern wie Spanien oder Frankreich wird aber noch mehr konsumiert. Abwasserstudien haben kürzlich ergeben, dass insbesondere in den grossen Schweizer Städten sehr viel konsumiert wird.»
Hast du ein Drogenproblem? Die Gratishotline von Sucht Schweiz bietet jeweils am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag zwischen 9 und 12 Uhr unter 0800 104 104 Hilfe.