Ineos Grenadier: Das steckt hinter der Defender-Kopie

Der Ineos Grenadier ist ein lupenreiner Geländeprofi, der aber auch auf Asphalt überzeugt.

Der Ineos Grenadier ist ein lupenreiner Geländeprofi, der aber auch auf Asphalt überzeugt.

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Ineos GrenadierDas steckt hinter der Defender-Kopie

Aus Frust über das Ende des Land Rover Defender hat der britische Milliardär Jim Ratcliffe kurzerhand seine eigene Autofirma gegründet. Das erste Produkt steht jetzt am Start – und sieht aus wie sein Vorbild.

von
Peter Maahn

Die Geschichte liest sich wie eine Miniserie von Netflix. Milliardär Jim Ratcliffe empört sich Anfang 2016 öffentlich darüber, dass Land Rover seine Gelände-Ikone Defender in Pension schickte und durch einen SUV mit gleichem Namen ersetzte. Er beschliesst, seinen eigenen Geländewagen zu bauen. Weil diese Idee in einem Londoner Pub namens Grenadier entsteht, wird die Bezeichnung für einen «Fusssoldaten» des 17. Jahrhunderts schnell zum Namen des Modells erkoren.

Ratcliffe und sein Team klopften fortan in der Königsklasse der Zubehörbranche an. Die Verbrennermotoren kommen von BMW, das Automatikgetriebe von ZF, die Allradtechnik von Magna aus Österreich und viele Teile der Elektronik von Bosch. Schliesslich kauft die neue Firma die von Mercedes nicht mehr benötigte Smart-Fabrik im Elsass. Das Überraschungspaket ist geschnürt, es kann geliefert werden.

Altmodisch und modern

Von aussen ist schnell sichtbar, wie stark der Neuling vom klassischen Ur-Defender inspiriert, zuweilen sogar kopiert wurde. Innen öffnen sich zwei Welten: Der mittige Monitor beherbergt im Stil der neuen, digitalen Zeit Tacho, Drehzahl oder das Navi. Als Kontrast gibt es in der Mittelkonsole beschriftete Druck- und Drehschalter hinter den beiden Hebeln – der rechte ist der von BMW übernommene Wählschalter der Achtgangautomatik, der linke die Bedienung für die Antriebsuntersetzung. Ein weiteres Bedienfeld findet sich wie in einem Flugzeug mittig im Kopfraum. Hier werden zum Beispiel die drei Sperren aktiviert oder per Kippschalter montiertes Zubehör wie Seilwinde oder Zusatzscheinwerfer gesteuert.

Das Ambiente ist aber ansprechend, Ledersitze von Recaro, verchromte Griffe oder das ummantelte Lenkrad sind im optischen Dialog mit dem nüchternen Kunststoff. Eine nostalgische Schlüsseldrehung weckt den bayerischen Sechszylinder, dessen Lebenszeichen kräftig, aber nicht aufdringlich ist. Der Grenadier überzeugt zum einen mit einer sorgfältigen Dämmung, aber auch mit Raumgefühl und Sitzqualität.

Die Optik des Ineos Grenadier ist vom klassischen Ur-Defender inspiriert. Seine Offroad-Qualitäten auch.

Die Optik des Ineos Grenadier ist vom klassischen Ur-Defender inspiriert. Seine Offroad-Qualitäten auch.

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Auf der Mittelkonsole dominiert das Analoge mit pedantisch beschrifteten Druck- und Drehschaltern.

Auf der Mittelkonsole dominiert das Analoge mit pedantisch beschrifteten Druck- und Drehschaltern.

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Der rechte Hebel ist der von BMW übernommene Wählschalter der Achtgangautomatik, der linke ist für die Bedienung der Antriebsuntersetzung.

Der rechte Hebel ist der von BMW übernommene Wählschalter der Achtgangautomatik, der linke ist für die Bedienung der Antriebsuntersetzung.

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Im Gelände gehört der Grenadier zur fast ausgestorbenen Art der echten Profis. Wie die G-Klasse von Mercedes oder der Jeep Wrangler meistert der deutsch-österreichische Brite aus Frankreich Pfade, die nur geübte Alpinisten zu Fuss angehen würden. Dank der Sperren, der beiden Starrachsen mit extremer Verschränkung und auch der dosierbaren Motorpower befreit sich der Grenadier aus tiefem Matsch, beherrscht abenteuerliche Schräglagen oder kann Gämsen auf ihrem Weg zum Gipfel begleiten.

Unter dem Strich vergrössert der Offroader die kleine Schar der verbliebenen Raubeine, stemmt sich gegen die Übermacht der SUV-Armee. Die können zwar inzwischen auch «Gelände», sind aber für echte Abenteuer allein schon wegen der hohen Preise nicht gebaut. Beim Grenadier ist das anders. Auch wenn der Station Wagon mit fünf Sitzen in der Schweiz mindestens 82’290 Franken kostet. Das Basismodell, ein als Nutzfahrzeug geltender Zweisitzer, ist ab 70’990 Franken zu haben.

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