Das umstrittenste Gras der Welt
Bob Harrimans Rasen muss der Traum für jeden Golfer sein: Er ist dünn wie Papier, glatt wie Zellophan und leuchtet saftig grün.
Er sieht künstlich aus - und ist es auch. Denn Harriman testet auf seinem Feld im US-Staat Oregon eine gentechnisch veränderte Variante des Rasens, der normalerweise auf den Fairways und Putting-Greens auf amerikanischen Golfplätzen gesät wird. Die Rasenfirma Scotts hofft, dass ihre neue Sorte Unkrautvernichtern widersteht.
Das Versuchsfeld in der Kleinstadt Gervais, etwa 50 Kilometer südlich von Portland, wird aus Furcht vor Anschlagen militanter Gentechnikgegner geheim gehalten. Umweltschützer setzen sich für ein Verbot des Rasens ein und bekommen sogar vom Bundesforstamt und dem Bureau of Land Management (BLM) Unterstützung. «Wir wissen nicht, wie wir ihn eindämmen sollen, wenn er sich in der freien Natur ausbreitet», sagt die BLM-Expertin Gina Ramos. Ihre Behörde verwaltet mehr als 100 Millionen Hektar öffentliche Ländereien im Westen der USA. Wenn Ramos' Befürchtung wahr würde, könnte der Golfrasen zum Beispiel Naturschutzgebiete bedecken und andere Pflanzen verdrängen.
Nach Aussage von Forschungsleiter Harriman deuten aber mehrere Firmenstudien daraufhin, dass sich das Gras nicht ausbreitet. Die Samen würden von Blüten abgegeben, die sich wegen des kurzen Schnittes auf Golfplätzen nicht entwickeln könnten.
Die natürliche Version des so genannten Bent Grass bietet eigentlich eine perfekte Oberfläche für Golfbälle, weil es nicht nach oben, sondern am Boden entlang wächst. Doch in dem Rasen wächst oft büschelweise Unkraut. Dies wirkt auf Putting-Grüns wie Bremsschwellen in verkehrsberuhigten Zonen und lässt selbst den talentiertesten Golfer verzweifeln. «Tiger Woods hasst dieses Zeug», sagt Harriman. Unkrautvernichter helfen nicht, weil auch der normale Rasen eingehen würde. Nur die reichsten der etwa 15.000 amerikanischen Golfclubs können es sich leisten, den Rasen grossflächig zu behandeln oder die Büschel einzeln auszureissen.
Genehmigungsverfahren in der letzten Phase
Das Genehmigungsverfahren für das gentechnisch veränderte Gras ist mittlerweile in der letzten Phase. Anfang des Jahres konnten Gegner des Rasens ihre Bedenken vortragen - unter ihnen waren Nature Conservancy und der Sierra Club. Der Golfverband USGA hat sich dagegen für die neue Sorte ausgesprochen. Er verweist darauf, dass inzwischen mehr als 60 genmanipulierte Pflanzen zugelassen wurden, unter anderem Tomaten, Mais, Soja, Raps und Kartoffeln. «Man frittiert sogar seine Pommes in genetisch verändertem Öl», sagt USGA-Mitarbeiter Stanley Zontek.
Der Widerstand einiger Behörden kam überraschend. Neben dem BLM und dem Bundesforstamt haben auch die US-Streitkräfte sowie verschiedene Behörden der Staaten Oregon, Kalifornien und Pennsylvania ihre Bedenken angemeldet. Das Forstamt will die Zulassung durch das Landwirtschaftsministerium verzögern, bis zweifelsfrei bewiesen ist, dass sich der Rasen nicht ausbreitet. Diese Haltung vertritt auch BLM-Mitarbeiterin Ramos: «Unser Budget ist schon so stark beansprucht, dass es schwer ist, eingeschleppte Spezies zu bekämpfen. Noch eine mehr würde sehr schwierig werden.»
http://www.scotts.com/
http://www.blm.gov/
http://www.usda.gov/ (dapd)