Übermässige Gewalt?: «Das war Kidnapping und keine Verhaftung»

Publiziert

Übermässige Gewalt?«Das war Kidnapping und keine Verhaftung»

Am Montag nahm die Polizei beim McDonald's in Heimberg einen 53-Jährigen gewaltsam fest – zu Unrecht, wie sich später erwies. Der Verhaftete wurde leicht verletzt und hat Anzeige erstattet.

ber
von
ber

Muambi Giscard (53) erzählt von seinem Zusammentreffen mit der Polizei (Video:ber)

Nach dem Einkaufen wollten Muambi Discard (53) und seine Frau noch kurz beim McDonald's in Heimberg etwas zu essen holen. Als sie das Restaurant verliessen, hielt ein Zivilpolizist Discard auf und verlangte, dass er ihn auf den Polizeiposten in Thun begleite.

Er solle zuerst beweisen, dass er ein Polizist sei und den Grund nennen, wieso er mitkommen solle, entgegnete Discard, der seit 20 Jahren in der Schweiz lebt. Der Beamte und Discard zeigten sich gegenseitig die Ausweise, doch der Zivilpolizist wollte Discard nach wie vor festnehmen. «Ich sagte ihm, ich müsse zuerst meine Frau informieren, die im Auto wartete», sagt der 53-jährige Kongolese.

«Ich kann nicht atmen»

Dann ging alles blitzschnell: Mehrere vermummte Polizisten hätten sich genähert und Discard zu Boden gedrückt. «Sie taten so, als wäre ich ein Terrorist. Das war keine Verhaftung, sondern Kidnapping. Ich schrie bestimmt zehn Mal, dass ich nicht atmen kann, bis sie etwas weniger heftig wurden.» Danach wollten die Beamten Discards Gesicht mit einem Tuch verdecken – der Grund ist ihm schleierhaft. Sie brachten ihn schliesslich auf den Posten in Thun.

1 / 4
Muambi Discard (53) wurde am Montag beim McDonald's in Heimberg von der Polizei brutal festgenommen.

Muambi Discard (53) wurde am Montag beim McDonald's in Heimberg von der Polizei brutal festgenommen.

20 Minuten/ber
Sowohl an der rechten Hand...

Sowohl an der rechten Hand...

20 Minuten/ber
als auch am Knie verletzte er sich

als auch am Knie verletzte er sich

20 Minuten/ber

Beamte im Stress

Dort angekommen zeigte sich, dass Discard nicht die gesuchte Person war. Er wollte dann als erstes wissen, wieso man ihn festgenommen habe, wenn man doch seine Identität überprüft habe. Die simple Begründung: «Unsere Beamten hatten Stress.» Die Polizei gab zwar zu, dass es sich bei Discard um die falsche Person gehandelt hätte, aber bei ihm entschuldigt habe sich niemand.

Discard ist aufgebracht: «Mein Handy und meine Uhr sind kaputt, ich habe mein Geld verloren und wegen der Festnahme starke Schmerzen in der Brust.» Am Mittwoch wird er sich wegen der Verletzungen in ärztliche Behandlung begeben. «Ich habe am Dienstag Anzeige erstattet und gehe wenn nötig auch vor Gericht. Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass so etwas in der Schweiz passieren kann», so der geschockte Mann.

Gezielte Aktion gegen Drogenhandel

Die Kantonspolizei Bern bestätigt, dass sich der kontrollierte Mann gemeldet hat: «Es sind derzeit weitere Abklärungen im Gang», sagt Sprecherin Ramona Mock. An jenem Abend sei es in Heimberg zu einer gezielten Aktion wegen qualifiziertem Drogenhandel gekommen. «Wir konnten dabei einer grössere Menge harte Drogen und Bargeld sicherstellen. Mehrere Personen sind inhaftiert», sagt Mock.

Discard war offenbar zwischen die Fronten geraten. Denn während der Aktion suchte die Kapo einen bestimmten Mann. Mock: «Es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass es sich beim kontrollierten Mann um die gesuchte Person handelte.»

Hätte Discard kooperiert, wäre die Kontrolle wenige Minuten gegangen und er hätte nicht auf den Polizeiposten müssen, so Mock. Und dass er seiner Frau telefonisch nicht Bescheid sagen konnte, habe einen bestimmten Grund gehabt: «Zu diesem Zeitpunkt konnte nicht ausgeschlossen werden, dass andere Verdächtige hätten gewarnt werden können.»

Deine Meinung