Höngger BombenlegerDas «Werkzeug» der serbischen Mafia
Die organisierte Kriminalität in Serbien war Hauptthema am ersten Prozesstag zum versuchten Bomben- Anschlag in Zürich-Höngg. «Die Organisation» soll die Autobombe in Auftrag gegeben haben.
Ein Abwesender war am Donnerstag vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona eine der Hauptpersonen: Hinter dem versuchten Anschlag vom Dezember 2006 soll ein 56-jähriger Serbe stehen, der seit Januar in Belgrad in Untersuchungshaft sitzt - wegen Verdachts auf Drogenhandel.
Der Mann wird vom Angeklagten als respekteinflössende Person beschrieben, vor der viele Leute Angst hätten - auch in der Schweiz. Er sei hochrangiges Mitglied einer kriminellen Organisation, die auch in politische und militärische Kreisen verstrickt sei.
«Er lässt keinen Zweifel daran, dass er über Leben und Tod entscheiden kann», sagte der 32-jährige Serbe über seinen Auftraggeber. Er selber sei nur ein Werkzeug gewesen. «Nun ist mein Todesurteil gesprochen.»
Attentäter mit Gewissensbissen
Grund ist der misslungene Anschlag vom 16. Dezember 2006. Der Angeklagte hätte mit 400 Gramm Sprengstoff einen Landsmann aus Zürich-Höngg in dessen Auto in die Luft sprengen sollen.
Der Auftraggeber war laut Anklageschrift überzeugt davon, dass dieser Mann für den Mord an seinem Cousin verantwortlich war, der 1998 bei einer Schiesserei in Amsterdam ums Leben gekommen war.
Er habe den Auftrag zwar angenommen, sagte der Angeklagte, und zwar «aus Angst und Respekt». Vor der Tat habe er aber Gewissensbisse bekommen: «Ich kann niemanden umbringen.» Den Anruf, mit dem er den Zünder an der Bombe hätte aktivieren sollen, habe er nie getätigt.
Bombenalarm im Wohnquartier
Der Mann, der hätte getötet werden sollen, beteuerte in der Verhandlung, er habe jenen Cousin nicht umgebracht; der Auftraggeber irre sich. Noch immer fürchte er tagtäglich um sein Leben - nicht zuletzt, weil serbische Zeitungen seinen vollem Namen genannt hätten.
Der heute 36-Jährige hatte den Plastiksack unter seinem Mercedes am Morgen des 17. Dezember 2006 selber entdeckt und die Polizei gerufen. Diese evakuierte 150 Bewohner des dicht besiedelten Wohnquartieres und entschärfte die Bombe.
DNA an Innenteilen des Zünder-Telefons
Auch der zweite Angeklagte, der die Bombe konstruiert haben soll, war am ersten Prozesstag von Angst geprägt. So weigerte er sich etwa, die Namen seiner Mutter, seines Bruders und seiner Ex-Frau zu nennen, damit «die Organisation» diese nicht findet.
Er sei in eine Sache hineingezogen worden, mit der er nichts zu tun habe, beteuerte der 29-jährige Hilfsarbeiter. Wie seine DNA an die Innenteile des Zünder-Telefons gekommen war, konnte er allerdings nicht abschliessend erklären.
Am Freitag stehen die Plädoyers von Bundesanwaltschaft und Verteidigung auf dem Programm. Dann werden auch die Strafanträge für die beiden Angeklagten bekannt gegeben. Das Urteil wird am 17. Dezember eröffnet. (sda)