Häftlingsliste: Datenschützer hält Watchlist für «unzulässig»

Aktualisiert

HäftlingslisteDatenschützer hält Watchlist für «unzulässig»

Der bernische Regierungsrat hält an der umstrittenen Häftlingsliste fest – obwohl der Datenschützer diese infrage stellt.

Sonja Mühlemann
von
Sonja Mühlemann
Die schwarze Liste der Polizeidirektion betrifft auch Häftlinge, die auf dem Thorberg einsitzen. Dort verbüssen viele Risikotäter ihre Haftstrafe.

Die schwarze Liste der Polizeidirektion betrifft auch Häftlinge, die auf dem Thorberg einsitzen. Dort verbüssen viele Risikotäter ihre Haftstrafe.

In den Berner Gefängnissen landen Häftlinge auf einer Watchlist – auf dieser werden Risikotäter eingetragen, deren Delikt in den Medien Aufmerksamkeit erhielt.

Nun hat der Regierungsrat Stellung bezogen. Er hält die Watchlist für «rechtmässig und verhältnismässig» und schreibt in der Antwort auf eine Interpellation eines Grossrates: «Aus datenschutzrechtlicher Optik besteht kein grundsätzlicher Einwand.» Dies zeige die Stellungnahme der kantonalen Datenschutzaufsichtsstelle.

Datenschützer kritisiert Watchlist

Doch dem widerspricht der kantonale Datenschutzbeauftragte: «Die Watchlist ist unzulässig, wenn die mediale Aufmerksamkeit als Aufnahmekriterium gilt», sagt Markus Siegenthaler. Dass ein Delikt in den Medien Schlagzeilen mache, müsse – etwa bei Prominenten – nicht heissen, dass der Täter auch gefährlich sei. Andererseits gebe es aber gefährliche Personen ohne Medienberichte: «Es werden ja auch Delikte von Pädophilen zum Opferschutz oder von Jugendlichen unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt – diese Täter landen dann nicht auf der Liste, weil ihre Tat nicht in den Medien diskutiert wurde», so Siegenthaler weiter.

Er empfehle daher, die Gefährlichkeit eines Täters als Kriterium für die Watchlist zu nehmen. «Dass die Verantwortlichen die rechtliche Begutachtung der Datenschutzaufsichtsstelle nicht berücksichtigen und zum Schluss kommen, die Watchlist sei rechtens, kann ich nicht nachvollziehen», sagt Markus Siegenthaler gegenüber 20 Minuten.

Strafgefangenen-Organisation hat Anwälte eingeschaltet

Dieselbe Haltung vertritt der Grüne Grossrat Hasim Sancar, der die Interpellation einreichte. «Ich verstehe nicht, weshalb die Regierung an der Watchlist festhält.» Politisch gegen die Watchlist weiter vorzugehen, sei fast nicht mehr möglich: «Ich hoffe jetzt, dass die Beschwerde des betroffenen Häftlings Gehör findet.»

Ein Häftling hat diese Möglichkeit bereits ergriffen und verlangt, dass sein Name von der Liste gestrichen wird. Doch das Amt für Freiheitsentzug und Betreuung lehnte seine Beschwerde im Juli ab.

Die Strafgefangenenorganisation Reform 91 hält die Watchlist für menschenrechtswidrig und hat nun Anwälte eingeschaltet: «Der Datenschützer stützt unsere Sicht. Wir werden nicht lockerlassen und vor das Verwaltungsgericht gehen, allenfalls auch vor das Bundesgericht», so Sprecher Peter Zimmermann. Die Reform 91 ist überzeugt, dass die Watchlist politisch motiviert ist: «Würden betroffene Häftlinge freigelassen, könnte dies wieder für Schlagzeilen sorgen. Das will der Polizeidirektor Hans-Jürg Käser verhindern», so Zimmermann weiter.

Zugleich sammelt die Organisation weiter Unterschriften gegen die schwarze Liste – die Petition wolle man bald im Grossen Rat einreichen.

Deine Meinung