Frauenstreik in ZürichDemonstrantin (23) muss 200-Franken-Busse zahlen
Eine Frau war angeklagt, als Organisatorin des letztjährigen Frauenstreiktages sich nicht an die Corona-Regeln gehalten zu haben. Der Einzelrichter sprach sie mangels Beweisen frei. Eine Busse muss sie trotzdem zahlen.
- von
- Stefan Hohler
Darum gehts
Eine Demonstrantin wehrte sich am Mittwoch vor dem Bezirksgericht Zürich gegen eine unbedingte Geldstrafe.
Ihr wird vorgeworfen, die Schlusskundgebung am Frauenstreiktag 2020 mitorganisiert zu haben.
Sie wurde mangels Beweisen freigesprochen. Eine Busse muss sie trotzdem zahlen.
Eine 23-jährige Frau aus Zürich war eine der Organisatorinnen des Frauenstreiktages vom 14. Juni 2020 – so heisst es im Strafbefehl. Demnach habe sie mit einem Lautsprecher den Demonstrantinnen Anweisung gegeben und aktiv an der Schlusskundgebung auf dem Helvetiaplatz im Kreis 4 mit einigen hundert Personen mitgewirkt.
Für diese Versammlung lag weder eine Bewilligung noch ein Corona-Schutzkonzept vor. Damals waren nur Kundgebungen mit maximal 300 Teilnehmenden und einem Schutzkonzept erlaubt. Weiter habe die Beschuldigte erst nach mehrmaliger polizeilicher Abmahnung den noch verbliebenen Teilnehmerinnen mitgeteilt, man «löse sich jetzt auf».
Beschuldigte ist Wiederholungstäterin
Gegen den Strafbefehl erhob die Beschuldigte Einsprache. So gelangte der Fall am Mittwoch vors Zürcher Bezirksgericht. Die Frau war mit einer unbedingten Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu 30 Franken sowie einer Busse von 300 Franken bestraft worden. Dazu kommen Verfahrenskosten von 800 Franken. Das ergibt zusammen 3500 Franken. Die Beschuldigte habe sich offensichtlich nicht davon abhalten lassen, innerhalb eines Jahres erneut und einschlägig straffällig zu werden, heisst es im Strafbefehl.
Sie war bereits im Juli 2019 wegen Nötigung zu einer bedingt ausgesprochenen Geldstrafe verurteilt worden und befand sich noch in der zweijährigen Probezeit. Sie hatte an einer Blockade von Klimaaktivsten vor der CS am Paradeplatz teilgenommen.
Am Prozess vor dem Einzelrichter verweigert die junge Frau die Aussagen – wie schon in der Strafuntersuchung. Ihr Anwalt verlangt einen Freispruch. In den Akten würden keine Hinweise vorliegen, dass beim Umzug durch die Langstrasse mehrere hundert Personen teilgenommen hätten. Im weiteren sagt er, dass nicht bekannt ist, welcher Polizist seine Mandantin auf der Schlusskundgebung am Helvetiaplatz «eindeutig identifizieren konnte», wie in den Untersuchungsakten steht.
Anwalt kritisiert Stadtpolizei
Auch von den Videos und Fotos, welche die Polizei von seiner Mandantin machten, würden nicht hervorgehen, wo und wann das Bildmaterial hergestellt wurde. «Die Herkunft der Filme und Bilder sind nicht bekannt und deshalb nicht verwertbar», sagt der Anwalt. Der Umstand, dass seine Mandantin ein Megafon bei sich hatte, würde sie nicht automatisch zur Organisatorin machen. Zum Schluss kritisiert der Anwalt die Stadtpolizei, welche bezüglich der Covid-19-Verordnung verschiedene Organisationen ungleich behandeln habe. So sei die Polizei am 1. Mai und beim Frauenstreik rigoros vorgegangen, habe aber Corona-Skeptiker bei ihren Kundgebungen unbehelligt gelassen.
Der Einzelrichter spricht die Beschuldigte des Vergehens gegen die Covid-19-Verordnung frei, brummt ihr aber eine Busse von 200 Franken wegen Teilnahme an einer nicht bewilligten Veranstaltung auf. «Dass Sie an der Schlusskundgebung teilgenommen haben, ist klar», sagt der Richter. Das Bildmaterial dazu sei verwertbar. Man könne der Beschuldigten aber nicht beweisen, dass sie eine Organisatorin der Veranstaltung war. Die junge Frau habe zwar das Megafon ergriffen und zu den Teilnehmerinnen gesagt «Wir lösen die Veranstaltung jetzt auf, geht nach Hause, wir sehen uns in einem Jahr», dies sei aber kein genügendes Beweismittel – deshalb der Freispruch.
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