Monopole fallenDer Bund gibt Spirituosen frei
Die Monopole des Bundes auf der Herstellung von Spirituosen sowie auf Produktion und Import von Ethanol sollen fallen. Der Bundesrat hat dies am Mittwoch entschieden und das Finanzdepartement mit den nötigen Vorbereitungen beauftragt.
Dem Bundesmonopol auf Spirituosen schreibt die Landesregierung keine grosse Bedeutung mehr zu. Sie will es deshalb abschaffen. Ebenso ist der Bundesrat der Ansicht, dass sich der Bund aus dem Ethanolmarkt zurückziehen sollte.
«Schnapselend» als Anstoss
Das «Schnapselend» im 19. Jahrhundert gab einst den Anstoss für das Bundesmonopol auf gebrannten Wassern. Die Eidgenossenschaft liess die Produktion verknappen, indem sie den Brennereien Konzessionen vergab oder die Betriebe gleich kaufte. Selbst das Fällen von Obstbäumen unterstützte der Bund damals.
Als Supermärkte billige Spirituosen in die Sortimente aufnahmen, reagierte der Bund mit Vorschriften zu Werbung und Jugendschutz. Alcopops, die vor ein paar Jahren in die Läden kamen, unterstehen einer Sondersteuer.
Prävention bleibt nötig
In der Schweiz stellen heute rund 8400 Landwirte Spirituosen her. Weiter gibt es etwa 350 konzessionierte Lohnbrennereien und 180 in der Branche tätige Gewerbebetriebe.
Sämtliche Kontrollen sollen indes nicht wegfallen, wie Alexandre Schmidt, Direktor der Eidgenössischen Alkoholverwaltung (EAV), auf Anfrage der SDA sagte. Analog zum Bier könnte die Konzessionierung der Brennereien durch ein Register ersetzt werden.
Präventionsmassnahmen hält der Bund nach wie vor für nötig. Laut Bundesamt für Gesundheit sind rund 300 000 15- bis 75-Jährige in der Schweiz alkoholabhängig. Chronische Krankheiten, die durch den Konsum von Alkohol verursacht werden, führen zu jährlichen Kosten von rund 6,5 Mrd. Franken.
Gesetzesgrundlage für Testkäufe?
Ansetzen will der Bundesrat auch bei Werbung und Verkauf: Er lässt abklären, ob eine Gesetzesgrundlage für die aus juristischer Sicht umstrittenen Testkäufe geschaffen werden soll. Die Frage ist, ob auf diesem Weg aufgedeckte verbotene Alkoholverkäufe an Kinder und Jugendliche geahndet werden können.
Ins Auge fasst der Bundesrat sodann gesetzliche Instrumente gegen Billigstangebote. Eine Mindeststeuer auf Hochprozentigem, Lenkungsabgaben oder das Stipulieren eines Mindestpreises werden erwogen.
Weiter lässt der Bundesrat abklären, ob für zeitlich und örtlich begrenzte Alkoholverbote Regelungsbedarf besteht. Er will dazu auch Kantone und Gemeinden anhören. Mit Wegweisungsartikeln und dem Gesetz über die Wahrung der inneren Sicherheit gibt es bereits Mittel gegen orts- und zeitgebundene Alkohol-Exzesse.
Vernehmlassung Ende Jahr
Prüfen lässt der Bundesrat zudem, ob das geltende, rund 80- jährige Gesetz über die gebrannten Wasser durch zwei Gesetze ersetzt werden kann. Das wären ein Spirituosenbesteuerungsgesetz und ein Alkoholmarktgesetz, das zum Beispiel Handels- und Werbeverbote regelt.
Schliesslich will die Landesregierung die Gelegenheit nutzen, die Aufgabenverteilung beim Bund in Sachen Alkohol neu zu regeln. Derzeit befassen sich nicht weniger als elf Bundesämter mit der Materie. Untersucht werden soll ausserdem die Rückführung der EAV in die zentrale Bundesverwaltung.
Voraussichtlich Ende Jahr will der Bundesrat eine Vernehmlassung zur Totalrevision des Alkoholgesetzes eröffnen. (sda)
Alkoholische Getränke werden ungleich besteuert
Alkoholische Getränke werden in der Schweiz ungleich besteuert. Um dies zu ändern und etwa eine Abgabe auf Wein einzuführen, müsste die Verfassung angepasst werden. Laut EFD würden Präventionsfachleute eine einheitliche Abgabe begrüssen.
Umgerechnet auf reinen Alkohol schreibt das Alkoholgesetz für Spirituosen eine Verbrauchssteuer von 29 Franken pro Liter vor. Für Bier beträgt die Abgabe gemäss Biersteuergesetz Fr. 5.40. Der am meisten konsumierte Wein wird nicht besteuert. Diese Unterschiede sind laut Finanzdepartement (EFD) gesellschaftlich bedingt.
Spirituosen bringen der AHV, der IV und den Kantonen pro Jahr Steuereinnahmen im Umfang von etwa 300 Mio. Franken. Die Biersteuer spült weitere rund 110 Mio. Franken in die Bundeskasse. Eine spezifische Steuer auf allen alkoholischen Getränken lehnte das Stimmvolk in den fünfziger und in den siebziger Jahren ab.
Ethanol wird für Gewerbe und Industrie hergestellt und deshalb grundsätzlich nicht besteuert. Für den Import von Ethanol ist heute ein Profitcenter der Alkoholverwaltung (Alcosuisse) zuständig.