100-Mio-Coup in CannesDer Diamantendieb hatte leichtes Spiel
In einem Luxushotel in Cannes wurden bei einem spektakulären Coup Schmuck im Wert von über 100 Millionen Euro gestohlen. Die Hotelleitung muss sich jetzt schwere Vorwürfe anhören.
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Der Millionen-Coup im Luxushotel Carlton an der Croisette in Cannes hat sich ohne Gewalt abgespielt - ja, er erinnert in seiner Präzision mehr an einen Hollywoodfilm. Gegen zwölf Uhr Mittags betrat gestern ein einziger bewaffneter Mann die Ausstellung des israelischen Juweliers und Milliardärs Lev Leviev. Kaum hatte der Dieb, der sich nach Wildwest-Manier ein Taschentuch umgebunden hatte, die Ausstellungsräumlichkeiten betreten, waren er und die teuren Edelsteine auch schon verschwunden.
Diese sollen laut der lokalen Zeitung «Nice Matin» einen Wert von 103 Millionen Euro haben. Damit wäre die spektakuläre Tat in Cannes einer der grössten Juwelendiebstähle weltweit. Ermittler hatten am Vortag zunächst von rund 40 Millionen Euro gesprochen.
Die polizeilichen Ermittlungen laufen auf Hochtouren. Unterdessen hat sich das Hotelpersonal zum spektakulären Raub geäussert. In einem Communiqué schreibt der Gewerkschaftsdelegierter Rami Zakaria, dass für die gesamte Ausstellung «nur drei oder vier Sicherheitsleute» angestellt worden waren. Juwelier Leviev habe einen Raum für die Veranstaltung gemietet und mit einem eigenen Team für die Sicherheit der Diamanten gesorgt.
Weniger geschützt als jeder Schmuckladen
Die Vorwürfe der Gewerkschaft der Hotelmitarbeiter richtet sich in erster Linie gegen den neuen Trend, Schmuckausttellungen in Hotels zu organisieren. Die Diebstähle würden sich in letzter Zeit häufen, so Zakaria weiter. Erst vor wenigen Monaten hatten Schmuckdiebe während des Filmfestivals in Cannes Diamanten beim Luxusjuwelier Chopard im Wert von rund einer Million Euro aus einem Hotelsafe entwendet. Wenige Tage später verschwand aus einem Nobelhotel in der Nähe ein Collier des Schweizer Juweliers De Grisogono im Wert von fast zwei Millionen Euro.
Zakaria fordert die Behörden nun auf, «die Sicherheit bei den Ausstellungen von Luxusartikeln in Hotels zu untersuchen.» Zum jüngsten Vorfall meint die Gewerkschaft, das Hotel Carlton habe die «Sicherheit des Personals zugunsten eines guten Geschäfts geopfert.» Die Hotelangestellten würden für diese Art von Ausstellungen über weniger Sicherheitsmassnahmen verfügen, als ein «normaler Schmuckladen.»
Hotelleitung will bei den Ermittlungen helfen
So, laut Zakaria, seien die Fenster des Raumes, die zur Terrasse führen, und die Türen, die zu den Notausgängen führen, nicht einmal verschlossen gewesen. Auch die Polizei kritisiert die gering gesichterte Ausstellung. Noch mehr: Sie habe nicht einmal davon gewusst, schreibt das Onlineportal «20minutes.fr».
Gegenüber den Medien meinte ein Sprecher der Hotelgruppe InterContinental Hotels, zu der das Hotel Carlton gehört, dass die Hotelleitung «ihre volle Unterstützung in den Untersuchungen zu Verfügung stellt.»
Der Täter von Cannes - und seine möglichen Komplizen - dürften nach Einschätzung von Experten beim Versuch, die 103-Millionen-Euro-Beute zu verkaufen, deutlich weniger Geld bekommen. Denn auf dem offiziellen Markt lässt sich der Schmuck nicht anbieten. Vermutlich müssen der oder die Täter die Edelsteine aus dem Schmuck herauslösen, um sie verkaufen zu können.