Jungfreisinn-ChefDer Justin Bieber der FDP
Andri Silberschmidt ist der neue Präsident der Jungfreisinnigen. Der 22-jährige Beau erklärt, warum er keine nette Politik macht.
- von
- R. Landolt
Herr Silberschmidt, wer sind Sie?
Ich bin 22, in einem Mehrfamilienhaus im zürcherischen Gossau aufgewachsen und ziehe bald mit zwei Freunden in eine WG nach Zürich. Ich habe eine Berufslehre gemacht, arbeite auf einer Bank und studiere nebenbei Wirtschaft. Seit einem Jahr habe ich eine Freundin, die zwei Jahre jünger ist und in der Modebranche arbeitet. Natürlich habe ich schon mal gekifft. Wie Rauchen sagt es mir jedoch nichts.
Es heisst, Jungfreisinnige seien abgehoben und elitär. Inwiefern trifft das Vorurteil auf Sie zu?
Ich wurde ja nicht an der Goldküste grossgezogen. Meine Mutter verkauft Möbel, mein Vater ist Sportlehrer.
Trotzdem: Bank und Wirtschaft, Sie tragen gerne Hemden und Jacketts – alles ziemlich FDP-mässig. Bringen Sie frischen Wind in die Partei?
Ich bin total motiviert, mich für eine liberale Gesellschaft und Wirtschaft einzusetzen. Beispielsweise für eine Reform der Altersvorsorge, für die wir gegenwärtig zur Kasse gebeten werden, ohne je vom Geld wieder etwas zu sehen. Oder für den Erhalt von Erasmus und Horizon 2020. Diese Programme sind gerade für uns Junge wichtig. Wir wollen im Ausland arbeiten oder studieren können.
Warum sind Sie ausgerechnet bei den Jungfreisinnigen gelandet?
Neben Fussball hat mich die Entwicklung der Gesellschaft sehr früh interessiert. Weder Mutter und Vater sind in der FDP. Irgendwann habe ich eben damit begonnen, mir selbst Gedanken zu verschiedenen Themen zu machen. Für mich war immer klar, dass es eine liberale Partei sein muss. So fühlte ich mich sofort wohl, als ich mit 17 den Jungfreisinnigen beitrat.
Keine einzige Frau wurde dieses Wochenende in den Vorstand gewählt. Auch bei der Jungen SVP gibt es keine Frauen an der Spitze. Bei der Juso ist dagegen mehr als die Hälfte des Vorstands weiblich.
Die Juso hat eine Frauenquote. Wir haben sehr aktive Frauen, kantonal haben wir viele Präsidentinnen. Wir werden eine Lösung suchen, um die aktiven Frauen auch national stark einzubinden.
Oder ist linke Politik einfach netter und somit geeigneter für Frauen?
Klar, wir machen keine nette Politik. Aber wer mal zu uns gekommen ist, geht nicht mehr weg. Vielleicht gibt es anderswo einen Frauenbonus, bei uns nicht.
Hinter vorgehaltener Hand sagt man, Sie sähen aus wie Justin Bieber.
Das habe ich auch mitbekommen und ich musste lachen. Klar, ich bin ein lockerer, aufgestellter junger Mann. Es zählt ja aber das, was man sagt, und nicht wie man aussieht.
Wie lange brauchen Sie denn für Ihre Frisur?
Eine Minute.
Sie wurden also nicht wegen Ihres Aussehens gewählt – warum denn sonst?
Ich habe als Präsident der Jungfreisinnigen Kanton Zürich bei den Wahlen und den Volksinitiativen an vorderster Front mitgearbeitet. Die Leute wissen, dass ich mich voll engagiere und wo ich politisch stehe. Die Kirchensteuer-Initiative wollte Unternehmen von der Kirchensteuer befreien. Sie erlitt beim Zürcher Stimmvolk Schiffbruch, hat aber national Aufsehen erregt. Über die No-Billag-Initiative wird bald die ganze Schweiz abstimmen.
Was sind Ihre Pläne mit dem Jungfreisinn der Schweiz?
Wir müssen sehr aktiv sein, auf den Strassen, in den sozialen wie den klassischen Medien. Wichtig ist, dass wir nicht nur Forderungen rausposaunen, sondern auch Qualität zeigen, so wie wir es mit unseren Initiativen getan haben. Ich glaube aber auch, dass unsere Politik den Zeitgeist trifft. Die Jungen wollen die Wirtschaft nicht kaputtmachen, sie wollen Wohlstand generieren. Der Unternehmergeist darf nicht an Verordnungen zugrunde gehen.
Hätten Sie Flavia Kleiner gerne in Ihren Reihen? Ihre Operation Libero nennt sich ja liberal.
Bei uns ist jeder sehr willkommen, egal, ob er Max Müller oder Flavia Kleiner heisst. Ich glaube aber, dass sie einen anderen Weg eingeschlagen hat: Sie will mehr Kampagnen machen.
Innerhalb der Mutterpartei gehen die Meinungen oft auseinander. Können die Jungfreisinnigen eher eine gemeinsame Linie fahren?
Die FDP hat Regierungsverantwortung. Wir müssen weniger Rücksicht nehmen. Beispielsweise unterstützen wir die Milchkuh-Initiative vorbehaltlos. Meist sind wir gesellschaftspolitisch liberaler, wie beispielsweise bei der Adoption durch Homosexuelle oder bei der Liberalisierung von weichen Drogen. Wichtig für uns ist es, damit in der FDP Mehrheiten zu finden.
Inwieweit wollen Sie mit anderen Jungparteien paktieren?
Unser Positionen fassen wir eigenständig. Wenn wir dafür Unterstützung von links oder rechts erhalten, sind wir aber noch so froh. Bei der Schwulen-Ehe arbeiten wir mit der Juso zusammen. Wenn es um Massnahmen bei der Altersvorsorge geht mit der SVP.