Abschuss von MH17«Der Kreml hat Fotos mit Photoshop gefälscht»
Russland macht Kiew für den Abschuss von Flug MH17 verantwortlich. Doch laut Experten hat der Kreml beim Beweismaterial mit Photoshop manipuliert.
- von
- fal
Die offizielle Version Russlands zum Abschuss vom Flug MH17 der Malaysia Airlines über dem Osten der Ukraine steht immer mehr auf wackligen Beinen. Das Verteidigungsministerium hatte am 21. Juli 2014 in Moskau mehrere Satellitenbilder präsentiert. Die Aufnahmen sollten beweisen, dass die ukrainische Luftabwehr vier Tage zuvor für den Abschuss der Boeing 777 verantwortlich gewesen war.
Das Team der unabhängigen Investigativplattform Bellingcat hat gemäss Spiegel Online zwei dieser Satellitenbilder des russischen Verteidigungsministeriums forensisch analysiert und ist zu einem eindeutigen Ergebnis gekommen: «Die forensische Analyse des Bellingcat-Untersuchungsteams hat eindeutig und unzweifelhaft nachgewiesen, dass diese Satellitenfotos falsch datiert und durch die Software Adobe Photoshop CS5 digital verändert wurden», schreibt Bellingcat.
Wolken hinzugefügt
Das eine Bild des russischen Verteidigungsministeriums soll belegen, dass sich mindestens ein selbstfahrender ukrainischer Buk-Raketenwerfer (Luftabwehrsystem 9K37M1) und drei Fahrzeuge der technischen Unterstützung am 17. Juli 2014 nicht mehr auf dem Militärstützpunkt nördlich von Donezk befanden. Doch diese Satellitenaufnahme hatte das russische Ministerium vor der Veröffentlichung offenbar manipuliert. «Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurden Wolken im linken und rechten Bildbereich digital hinzugefügt. Dadurch wurden weitere Details zum Vergleich mit anderen Bildern verdeckt», erklären die Experten von Bellingcat.
Manipuliert: Bellingcat hat festgestellt, dass dieses Foto wohl gefälscht ist. (www.bellingcat.com)
Die Bildinhalte liessen sich mit historischen Satellitenbildern aus Google Earth vergleichen. Das Resultat: Das Satellitenfoto sei «unzweifelhaft im Zeitraum zwischen dem 1. Juni 2014 und dem 18. Juni 2014 entstanden» – also einen Monat vor dem Abschuss der MH17. Das lässt sich unter anderem anhand von veränderten Bodenstrukturen und Veränderungen der Vegetation auf den Bildern erkennen.
Das zweite Bild soll eine Buk-Batterie der ukrainischen Armee am 17. Juli 2014 in der Nähe des Dorfes Saroschenskoje zeigen. In diesem Gebiet wurde die Boeing an jenem Tag abgeschossen. Auch hier kamen die Bellingcat-Experten zum Schluss, dass das Satellitenfoto digital verändert wurde. Zudem sei durch Bildervergleiche klar, «dass das Satellitenfoto ohne jeden Zweifel vor dem 15. Juli 2014 entstanden ist».
Das zweite umstrittene Bild: Es soll angebliche Aktivitäten der ukrainischen Armee beweisen. (www.bellingcat.com)
Die Enthüllungen einer Moskauer Zeitung
Offiziell hat der Kreml immer behauptet, ein ukrainisches Kampfflugzeug habe die Boeing der Malaysia Airlines abgeschossen. Die Satellitenaufnahmen, die Russland kurz nach dem Absturz veröffentlicht hatte, sollten in erster Linie die ukrainische Regierung diskreditieren, die eine Präsenz eigener Flugabwehrgeschütze in dem Gebiet stets abgestritten hatte. Anfang Mai schrieb die Moskauer Zeitung «Nowaja Gaseta» plötzlich: «Es war eine Buk.» Auf vier Seiten veröffentlichte das Medium einen ausführlichen Untersuchungsbericht von russischen Ingenieuren aus den Reihen des «militärisch-industriellen Komplexes».
Demnach sei das Flugzeug mit 298 Menschen an Bord von einer Buk abgeschossen worden – aber von einer ukrainischen Stellung aus. Der Bericht stützte sich primär auf das Satellitenbild von der angeblichen Flugabwehrbatterie nahe des Dorfes Saroschenskoje.