FukushimaDer lange Kampf gegen die Strahlen
Seit Beginn der Atomkatastrophe in Japan sind drei Monate vergangenen. Dennoch macht sich das Ausmass der Verstrahlung erst jetzt richtig bemerkbar.
Fukushima ist medial fast in Vergessenheit geraten - doch die wirtschaftlichen und gesundheitlichen Nachwirkungen werden die Japaner noch über Jahrzehnte spüren. Auch die Teebauern der Provinz Shizuoka sehen sich derzeit damit konfrontiert, dass ihr Anbauprodukt eine erhöhte radioaktive Strahlung aufweist.
Wie die Behörden in Shizuoka bekanntgaben, wurden in getrockneten Teeblättern aus dem Anbaugebiet Warashina in der Provinz Shizuoka 679 Becquerel an radioaktivem Cäsium pro Kilogramm festgestellt. Das Gebiet liegt 370 Kilometer südwestlich von der Atomruine Fukushima. Der offiziell erlaubte Grenzwert liegt bei 500 Becquerel.
Proben geben Anlass zur Sorge
Die Regierung hatte kürzlich entschieden, Auslieferungen von grünem Tee aus einigen Anbaugebieten in den näher an Fukushima gelegenen Provinzen Ibaraki und Chiba sowie Kanagawa und Tochigi zu stoppen. Anlass waren Messwerte in Proben von über 500 Becquerel. Japan hat im vergangenen Jahr 83 000 Tonnen an getrockneten Teeblättern produziert, 40 Prozent davon in Shizuoka.
Seit dem schweren Erdbeben und dem Tsunami vom 11. März im Nordosten Japans tritt aus dem zerstörten Atomkraftwerk Fukushima 1 Radioaktivität aus. Es wird noch Monate dauern, bis die Reaktoren unter Kontrolle sind.
Auch Bewohner in der 250 Kilometer entfernten Hauptstadt Tokio sorgen sich zunehmend vor Verstrahlung. Die Stadtverwaltung beschloss, ab Mitte dieses Monats an 100 Stellen der Stadt zu messen. Einzelne Stadtteile haben bereits mit eigenen Strahlenmessungen begonnen.
Atom-Arbeiter erkrankt
Am Freitag wurde einer der Arbeiter in der Atomruine in bewusstlosem Zustand mit einem Helikopter in ein Spital geflogen. Der zwischen 40 und 50 Jahre alte Mann hatte am Vortag chemische Bindemittel versprüht, die eine Ausbreitung der radioaktiven Partikel verhindern sollen.
Am Freitag sei er bewusstlos in einer Unterkunft gefunden worden, berichtete die Agentur Jiji Press unter Berufung auf die Betreibergesellschaft Tepco. Er habe auch Fieber gehabt.
Tepco begann am Freitag im AKW Fukushima damit, eine neue Anlage zur Dekontaminierung der gewaltigen Wassermassen zur Kühlung der Reaktoren eine Woche lang zu testen.
Sollte der Test erfolgreich sein, möchte Tepco damit bis März nächsten Jahres täglich 1200 Tonnen Wasser von radioaktiven Materialien zu befreien. Die Reparaturtrupps des AKW setzen seit Monaten Millionen Liter Wasser ein, um die beschädigten Reaktoren zu kühlen.
Konferenz in Wien
Wegen der Reaktorkatastrophe in Japan ist vom 20. bis zum 24. Juni in Wien eine Ministerkonferenz bei der Atomenergiebehörde der UNO (IAEA) anberaumt. An der Konferenz wird auch eine Schweizer Delegation teilnehmen, wie das Eidg. Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) am Freitag mitteilte.
Ziel der Konferenz sei, erste Lehren aus dem Reaktorunfall zu ziehen, schrieb das UVEK. Die Delegation steht unter der Leitung von Walter Steinmann, Direktor des Bundesamts für Energie (BFE).
(sda)