Kampf gegen ArmutDer Mann, der Erfindungen sammelt
Aesortn Gupta hat sich vor über 20 Jahren aufgemacht, um Erfindungen aufzustöbern - und hilft der indischen Bevölkerung damit auf unkonventionelle Art, sich selbst zu helfen.
Bei 43 Grad Hitze ist Professor Aesortn Gupta stundenlang durch das versengte Flachland Zentralindiens gewandert. Doch er lächelt, als er auf der Suche nach unbekannten Geniestreichen ein kleines Dorf betritt.
«Wenn ihr neue Ideen oder neue Erfindungen habt, bin ich da, um euch zu unterstützen», erklärt Gupta Bauern, die neben einem Schrein für den Hindugott Shiva hocken. Der Wirtschaftsprofessor wirkt mit seinem dichten Bart selbst wie ein asketischer Heiliger.
Seit mehr als zwei Jahrzehnten streift der 59-Jährige durch das ländliche Indien, um Erfindungen aufzustöbern. Er glaubt, dass die besten Ideen im Kampf gegen Armut und Not nicht aus den Laboren von Unternehmen, sondern von normalen Menschen kommen.
Von der aufs Fahrrad montierten Pflanzenspritze bis zum elektrischen Farbpinsel, der nicht in den Farbeimer getunkt werden muss - Gupta und seine Helfer haben mehr als 25'000 Erfindungen gesammelt.
Viele der preiswerten, einfachen Ideen trägt er mit dem Segen der Erfinder von Dorf zu Dorf. Bei einigen Vorschlägen arbeitet Gupta an der Marktreife, natürlich mit Hinweis auf die Urheber, welche auch an Profiten beteiligt werden sollen. Andere Ideen wieder sind einfach in seiner Sammlung dokumentiert, damit Investoren sie prüfen und umsetzen können.
Viele Funde in der Landwirtschaft
Landwirtschaft ist ein Feld, auf dem Gupta besonders oft fündig wird: eine ertragreiche Sorte Peperoni, der Sitz, auf dem Kokosnuss- Pflücker hoch in den Palmen Pause machen können, der hohle Speer, mit dem ein Loch ins Feld gestochen und dann der Samen platziert wird. Oder die Reiswaschmaschine, die ein 13-Jähriger entwickelt hat, als er sah, wie seine Mutter Steinchen aus den Reissäcken klaubte.
«Jedesmal, wenn wir irgendwohin kommen, finden wir eine Lösung, die wir uns vorher nicht vorstellen konnten», sagt Gupta. Geld für sein Projekt - aber nicht für sich selbst - erhält er von der Regierung oder Hilfsorganisationen. Das Auffinden von Ideen sei für ihn Belohnung genug, sagt Gupta mit beinah kindlicher Freude.
Gupta hat einen der höchsten indischen Orden erhalten. Er arbeitet mit dem Präsidenten zusammen, half die von der Regierung unterstützte Nationalstiftung für Erfindungen zu gründen, und referiert routiniert bei Wirtschaftskonferenzen.
Fast ein Zirkus
Auf seinen Expeditionen in die Provinz wird Gupta häufig von Dutzenden Anhängern begleitet. Shodh Yatras heissen seine Wanderungen, die in strengen Wintern wie heissen Sommern durch das ländliche Indien führen.
20 Kilometer täglich wandert die Gruppe dann, schläft auf Schulhöfen, isst dünne Linsensuppen. «Touristen» will Gupta so abschrecken und bäuerliches Leben an die Teilnehmer vermitteln.
Die Ankunft der Gruppe in einem Dorf gleicht oft dem Einzug eines Zirkus. Gupta verteilte bunte Magazine und Tipps: wie man aus heimischen Pflanzen Mittel zur Schädlingsbekämpfung gewinnt und wie krankes Vieh mit Gewürzmischungen kuriert wird. «Lösungen für unsere Probleme sind gar nicht so selten», erklärte Gupta.
Der tönerne Kühlschrank
Zu Guptas besten Funden zählen besonders ertragreiche Arten von Reis, Weizen und anderen Getreidesorten. Der Professor hat natürliche Schädlingsbekämpfungsmittel und Tierarzneien lizenziert. Sein Team hat geholfen, Maschinen zu vertreiben, mit denen sich billige Windeln aus Holzfasern herstellen lassen.
Die vielleicht erfolgreichste Erfindung, die Gupta entdeckte, war ein tönerner Kühlschrank, der durch Verdunsten kühlt. Erfinder Mansukhbai Prijati stellt das Gerät mittlerweile in einer Firma mit 30 Mitarbeitern in Serie her. (sda)