
«That girl» ist eine Frau, die durch Selbstoptimierung scheinbar die beste Version ihrer selbst ist.
«That Girl»Der neuste Tiktok-Trend setzt Frauen extrem unter Druck
Yoga, leichtes Essen, eine makellose Garderobe und immer gut drauf – Frauen wollen mit Selbstoptimierungs-Videos ihre Follower motivieren. Was bewirkt das?

- von
- Geraldine Bidermann
Es gibt Menschen, deren Tag mehr als 24 Stunden zu haben scheint. Sie wachen super früh auf, trinken selbstgemachten Green Juice, haben vor dem Frühstück schon ihr Workout erledigt, in ihrem Journal sowohl eine Dankbarkeits-, als auch eine To-do-Liste erstellt und erste E-Mails beantwortet – natürlich erst, nachdem sie meditiert und sich einen Iced-Coffee mit selbstgemachter Mandelmilch in ihr Mason-Jar-Glas gefüllt (und fotografiert) haben.
Auf Tiktok haben diese Menschen, meist Frauen, einen Namen: «That Girl». Unzählige Follower eifern ihren Lifestyles nach und wollen so sein, wie ihre Vorbilder. #thatgirl ist dabei eine Fusion aus dem «Girl Boss»-Prinzip, also einer Frau, die ständig zelebriert, dass sie arbeitet. Dann nimmt man noch den Hype um Wellness und Selfcare dazu – fertig ist der Social-Media-Cocktail.
Der Aufstieg des «That Girl»-Trends
Es erstaunt also nicht, dominiert seit Monaten dieser perfekte Mix die sozialen Medien. Speziell auf Tiktok werden diese Frauen als Wellness-Göttinnen gefeiert, deren Leben erstrebenswert ist. Kein Wunder: Das Leben eines «That-Girl» gleicht einem Pinterest-Board mit skandinavischen Minimalismus-Vibes. Ziel des Lifestyles eines «That Girl» ist es, jede Sekunde des Tages perfekt zu nutzen, das eigene Leben zu optimieren und dabei makellos auszusehen, ohne aber so zu wirken, als ob man sich gross um Äusserlichkeiten scheren würde.
Wo und wann der Trend seinen Anfang nahm, ist nicht ganz geklärt. Vor einem Jahr aber ging ein Tiktok viral – der Inhalt? Eine Anleitung, was es braucht, um «That Girl » zu werden.
Die Tipps, welche über eine Million mal geliked wurden, sind teils harmlos: «Gehe jeden Tag auf einen Spaziergang», «Trinke genug Wasser» oder «Priorisiere deinen Schlaf». Natürlich sind diese einfachen Gesundheitsregeln nicht neu – bisher kamen sie halt eher von Ärzten und Ärztinnen als von Influencerinnen.
Motivierend oder toxisch?
Andere Tipps hingegen hinterlassen einen fahlen Nachgeschmack: «Spare und kaufe dir die Garderobe deiner Träume», «Hör auf, weinende Selfies von dir zu posten», «Gib dir für deine Projekte noch mehr Mühe» oder «Iss kein Junkfood». Auch diese Anleitungen werden mit Herzchen kommentiert und Kommentaren wie «Yessss Queeeen» unterstützt. Die meisten Likes bekommen perfekt gestylte – und extrem schlanke Frauen.
Das Problematische daran? «That Girl»-Vertreterinnen geben vielen jungen Frauen das Gefühl, ein frisch gemachtes Bett, absurd viele Duftkerzen und eine Yogaeinheit am Morgen könnten jedes Problem lösen. Dass sie mit ihren Anleitungen unsicheren Frauen aber noch mehr Druck auferlegen, scheinen sie nicht zu merken. Sie implizieren, dass du zuerst deinen ganzen Lifestyle umkrempeln musst, damit du deine Ziele erreichen kannst.
Dazu gehört auch die Anschaffung von Workout-Outfits, die sich gut auf Fotos machen, Beauty-Produkten, die nach Farben sortiert im Badezimmer stehen und neuem Geschirr, auf welchem sich die Salate besser präsentieren. Die Gefahr, durch solche Accounts eine Essstörung oder ein Burnout zu entwickeln, ist real.
Natürlich sind die Absichten der Frauen, die solche Videos posten, wahrscheinlich gut. Vielleicht inspirieren sie auch einige, ein bisschen besser auf sich und ihre Gesundheit zu achten – Stretching-Einheiten und Bücher lesen schaden niemandem.
Eins ist aber sicher: «That Girl» wird nicht ewig Social Media dominieren. Denn von «VSCO-Girl» (Erinnert ihr euch? Ähnliches Konzept, aber statt Wellness und Haarklammern waren es Muschelketten und Scrunchies), und Coconut Girl (tief gebräunt mit Hibiskus-Prints und Frozen Yogurts) spricht heute auch niemand mehr.

Auch auf Pinterest finden sich zahlreiche Inspirations-Bilder, die #thatgirl feiern.
Also: Social-Media-Trends kommen und gehen, kleine, feine Gewohnheiten, die sich nachhaltig auf deine Gesundheit auswirken, bleiben. Du musst dafür nicht dein ganzes Leben umstellen, sondern dir Zeit, Geduld und Liebe schenken.
Hast du einen kleinen Hack, um den Tag ein bisschen besser zu machen? Teile ihn im Kommentarfeld.
Hast du oder hat jemand, den du kennst, eine Essstörung?
Hier findest du Hilfe:
Fachstelle PEP, Beratung für Betroffene und Angehörige
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
Elternberatung, Tel. 058 261 61 61
Hast du oder hat jemand, den du kennst, eine psychische Erkrankung?
Hier findest du Hilfe:
Pro Mente Sana, Tel. 0848 800 858
Kinderseele Schweiz, Beratung für psychisch belastete Eltern und ihre Angehörigen
Verein Postpartale Depression, Tel. 044 720 25 55
Angehörige.ch, Beratung und Anlaufstellen
VASK, regionale Vereine für Angehörige
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143